National ist das Stimmrechtsalter 16 vorläufig kein Thema mehr. Nicht vom Tisch ist es in einzelnen Kantonen. Als einziger Kanton kennt Glarus derzeit das aktive Wahlrecht ab 16 Jahren. 2007 nahm die Landsgemeinde eine Herabsetzung des kantonalen Stimmrechtsalters knapp an.
In der Glarner Politik brach wegen Stimmrechtsalter 16 kein neues Zeitalter an.
Genaue Zahlen, wie stark die Jugendlichen ihr Mitbestimmungsrecht ausleben, gibt es nicht. Aber: Seit 2007 sehe und höre man am Rednerpult der Landsgemeinde immer wieder junge, engagierte Leute, sagt Roland Wermelinger, Medienbeauftragter des Kantons: «Wir ziehen ein positives Fazit. Aber in der Glarner Politik brach wegen Stimmrechtsalter 16 jetzt auch kein neues Zeitalter an.»
Was in Glarus geklappt hat, das hänge mit der Landsgemeinde zusammen, sagt Politologe Daniel Kübler von der Universität Zürich. «In Glarus passieren erstaunliche Dinge», sagt Kübler. Es habe auch Anträge für eine Anhebung des Stimmrechtsalters auf 20 Jahre gegeben. «Die Dynamik der Diskussion erklärt letztlich das Resultat.»
Die Glarner Entscheidung sei indes auch nicht mit den anderen Kantonen vergleichbar – Stichwort Landsgemeinde oder Urne. «Wenn es in Glarus, wie in anderen Kantonen ein Referendum gegeben hätte, wäre das Stimmrechtsalter 16 wohl auch dort abgelehnt worden», sagt Politologe Kübler. Das sei die spezielle Situation der Landsgemeinde.
Ausserrhoden diskutiert weiter
Dass der Vorstoss im nationalen Parlament versenkt wurde und dass sich ausgenommen von Glarus diverse Kantone gegen ein Stimmrechtsalter 16 ausgesprochen hatten, hält einen anderen Ostschweizer Kanton nicht davon ab, zumindest weiter darüber zu diskutieren. Im Rahmen einer Totalrevision der Verfassung ist das Senken des aktiven Wahlrechts auf 16 Jahre Thema in Appenzell Ausserrhoden.
Dort ist der zuständige Kommissionspräsident, Marc Wäspi (parteiunabhängig/AR), überzeugt, eine Herabsetzung würde bei mehr Jungen das Interesse an der Politik wecken. «Wir wollen die politische Partizipation der Jungen fördern. Es ist wie ein Generationenvertrag. Klar gehen danach nicht 100 Prozent wählen und abstimmen, aber jene, die wollen, sollen die Möglichkeit haben», sagt Wäspi.
Anderer Meinung ist Max Slongo, 23-jährig und damit selbst einer der jüngsten im Ausserrhoder Kantonsparlament: «Wer keinen Vertrag unterschreiben kann, wer nicht Autofahren kann, wer keinen hochprozentigen Alkohol kaufen kann, soll abstimmen? Das passt nicht zusammen.» Junge könnten sich politisch beteiligen, so Slongo weiter, zum Beispiel im Jugendparlament oder mit Petitionen.
Bislang keine Urnenabstimmung erfolgreich
Daneben führt Slongo Erfahrungen aus anderen Kantonen ins Feld: In den vergangenen Jahren scheiterten in sechs Kantonen entsprechende Vorstösse an der Urne: Zürich, Bern, Neuenburg, beide Basel und Uri. In zahlreichen weiteren Kantonen ist das Anliegen in den Parlamenten gescheitert.
Auf eine Landsgemeinde können die Befürworterinnen und Befürworter in Appenzell Ausserrhoden seit 1997 nicht mehr zählen. Schon in der ersten Lesung im Kantonsrat hatte das Anliegen einen schweren Stand, kam aber knapp durch. Es liegen noch einige Hürden vor der Herabsetzung. Um die Jahreswende 2024/2025 kommt es zur zweiten Lesung der revidierten Verfassung. Zu einer allfälligen Urnenabstimmung kommt es frühestens Ende 2025.