Hört man von Spoofing, denkt man oft an Telefonbetrüger. In letzter Zeit ist aber auch die Luftfahrt immer stärker von Spoofing betroffen. Beim sogenannten GPS-Spoofing werden GPS-Signale durch Störsender am Boden absichtlich gestört oder gefälscht und den Piloten so falsche Positionen und Höhen angezeigt.
Flugzeuge können so vom Kurs abgebracht werden – im Extremfall führt das GPS-Spoofing zum Totalausfall eines Systems im Flugzeug. Ein zunehmendes Problem für die Luftfahrt, wovon auch die Swiss betroffen ist.
«Mittlerweile nehmen wir GPS-Spoofing täglich auf unseren Strecken nach Asien, Südostasien und wenn wir den Nahen Osten überfliegen, wahr», sagt Dominik Jäggi, Flottenchef Langstrecke der Swiss. Besonders häufig komme Spoofing über Kriegsgebieten wie der Ukraine und dem Nahen Osten vor.
«Insbesondere die Region des Schwarzen Meeres, Persischer Golf und der östliche Teil des Mittelmeers sind davon betroffen. Weitere Fälle, sehr viel weniger, gibt es in der Region des baltischen Meeres», so der Flottenchef.
Seit gut 17 Jahren fliegt Jäggi für die Swiss und hat GPS-Spoofing schon selbst erlebt. «Es gab Ausfälle von Subsystemen, die wir zwar gerne nutzen, aber für unsere Flüge nicht zwingend notwendig sind».
Das GPS-Spoofing würde den Flugbetrieb der Swiss nicht gefährden, so Jäggi: «Wir haben genügend Subsysteme, die dieses GPS-Problem kompensieren können». Bisher habe es auch noch keinen Fall gegeben, bei dem ein Flugzeug falsch geflogen sei.
Situation wird sich verschärfen
Das ist allerdings nicht bei allen Airlines der Fall: So musste sich eine Besatzung auf mündliche Anweisungen der Fluglotsen verlassen, nachdem das Navigationssystem ausgefallen war. Dies berichtet die «Ops Group», eine Organisation für Piloten und Fluglotsen. Ein anderer Pilot eines Geschäftsreiseflugzeugs berichtete, dass eine Maschine in Richtung Dubai wegen des Ausfalls seines Navigationssystems beinahe unerlaubt in iranischen Luftraum eingedrungen wäre.
Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) beobachtet seit Jahren GPS-Spoofing. Bereits 2017 seien erste Vorfälle über Syrien aufgetaucht, so das BAZL auf Anfrage von SRF. Im Jahr 2023 gingen über 2100 Meldungen zu GPS-Störungen ein. Seit 2019 haben sich die Vorfälle vervierfacht.
Die GPS-Störungen seien Begleiterscheinungen elektronischer Kriegsführung, durch welche die Zivilaviatik in Mitleidenschaft gezogen werde, schreibt das BAZL. Die Expertin für Flugsicherheit, Marion Venus, warnt jedoch davor, die Vorfälle zu unterschätzen.
«Beim Spoofing werden aktiv falsche Navigationsdaten gesendet. Es geht darum, die zivile Luftfahrt zu stören und Zwischenfälle herbeizuführen», meint Venus. Sie vermutet hinter den Taten terroristische Absichten. «Mit der zunehmenden Krisensituation, insbesondere im Nahen Osten, wird die Situation sich bis auf Weiteres eher verschärfen als sich beruhigen.»
Für die Piloten bedeute dies ein neues Risiko in der Flugsicherheit, so Venus. Die Crews der Swiss sind darauf vorbereitet. «Die Pilotinnen und Piloten besprechen die Situation, bevor sie in ein Gebiet fliegen, bei dem wir mit einer Störung rechnen müssen», sagt Jäggi.
Passagiere würden von den Störungen normalerweise nichts mitbekommen. «Höchstens auf der Karte, die wir für unsere Passagiere einblenden, könnten sie sehen, dass die Position des Flugzeugs in kurzer Zeit seitlich abweicht.»