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Streit im Obertoggenburg Armee will Drohnenflugzone – Nesslau wehrt sich

Das Militär will im Obertoggenburg eine Drohnenflugzone errichten. Gemeinde und Gleitschirmflieger freut das gar nicht.

Der Alpstein ist eines der am stärksten mit Gleitschirmen beflogenen Gebiete der Schweiz. Jetzt aber stehen die Zeichen für dieses Gleitschirmflieger-Eldorado auf Rot: Das Militär will im Obertoggenburg eine grosse Flug-Sperrzone errichten.

Die Schweizer Armee möchte in Zukunft mit Drohnen fliegen und üben. Dafür braucht sie eine Drohnenflugzone. Diese plant sie über dem Gebiet des Schiessplatzes Säntis/Obertoggenburg zu errichten. Weder die zuständige Gemeinde Nesslau noch die lokalen Verbände sind über eine solche Sperrzone oder über Drohnenflüge informiert worden.

Wir haben jetzt schon genug Lärm; da braucht es nicht noch mehr.
Autor: Kilian Looser Nesslauer Gemeindepräsident

Das Militär will Mini-Drohnen zur Aufklärung fliegen lassen und auch solche, die schiessen, heisst es beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl). Die Armee habe einen entsprechenden Antrag gestellt, sagt Sprecher Christian Schubert.

Ein Gleitschirm fliegt über die Ebenalp im Kanton Appenzell Innerhoden mit dem Säntis im Hintergrund.
Legende: Eldorado für Gleitschirmflieger Ein Tandem-Gleitschirmflieger schwebt vom Chalbersäntis über die Churfirsten sowie Glarner und Innerschweizer Alpen dem Tal in Unterwasser im Toggenburg entgegen. Keystone

Von diesem Antrag und den Plänen der Armee hat der Gemeindepräsident von Nesslau, Kilian Looser, erst durch die Medien erfahren. Er sei nicht erfreut: «Auf Drohnen haben wir jetzt nicht gewartet.» Es gebe bereits jetzt viel Lärm im Luftraum durch die Trainingsflüge der Schweizer Armee. Dieser Lärm sei heute schon eher ein Ärgernis und daher brauche es nicht noch mehr.

«Belastung für die Umwelt sehr gering»

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Armee-Sprecherin Delphine Schwab-Allemand bezieht im Interview mit SRF News Stellung.

SRF News: Wofür braucht es diese Zone? Was konkret wird darin geübt/getestet?

Schwab-Allemand: Im bezeichneten Gebiet in der Säntisregion besteht bereits heute ein aktiv genutzter Schiessplatz für Infanterie- und Artillerieformationen. Da sich der Schiessplatz auch für Übungen mit luftgestützten Nachrichtenbeschaffungsmitteln im unübersichtlichen Gebirge eignet, soll im Rahmen der ordentlichen Belegung durch Infanterie- und Artillerieformationen auch die Ausbildung von Mini-Drohnen ermöglicht werden. Übungen mit Mini-Drohnen werden einerseits zur technischen Schulung der Drohnenlenker durchgeführt. Andererseits werden Mini-Drohnen im Rahmen des truppenspezifischen Trainings als zusätzliches luftgestütztes Nachrichtenbeschaffungsmittel im unübersichtlichen Gebirge zugunsten der unteren Führungsebene (Kompanie/Zug/Gruppe/Trupp) eingesetzt.

Wie schätzen Sie die Belastung für die Umwelt ein?

Geplant sind maximal 40 zusätzliche Tage auf dem Säntis zu arbeiten, deswegen schätzen wir die Belastung für die Umwelt als sehr gering ein.

Wie wurden die lokalen Behörden und Interessensgruppen in den Prozess miteinbezogen?

Im Zuge der Vorbereitungen des Luftraums wurden die Zonen am National Airspace Management Advisory Committee vorgestellt, an welchem die Vertreter der verschiedenen Luftraumnutzer anwesend sind.

Die Gemeinde wird sich gegen diese Pläne wehren. Widerstand werden auch die Gleitschirmpilotinnen und -piloten leisten. Bis anhin war der Luftraum als «gefährlich» markiert worden, wenn die Armee ihre Trainings absolviert hatte. Neu soll die Zone gesperrt werden. Diese «Restricted Area» mache ihnen eine der schönsten Flugstrecken kaputt, sagt Michael Kobler, Ausbildungschef der Gleitschirmschule Aerocenter St. Gallen.

Flugbeschränkungsgebiet ab März 2022

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Die Schweizer Armee plant im Obertoggenburg eine Flug-Sperrzone von über 33 Quadratkilometern Fläche von der Thurquelle bis zum Stockberg. Das Militär will hier und auch in anderen Gebieten der Schweiz ab März 2022 den Einsatz von militärischen Mini-Drohnen für Kampf-, Aufklärungs- und Unterstützungseinsätze üben.

Konkret geht es um 40 Tage im Winterhalbjahr, während denen der Luftraum für Drohnen gesperrt werden könnte. Dazu kommen weitere mögliche 110 Tage, an denen die Artillerie Schiessübungen durchführt. Für den Gemeindepräsidenten ist die Belastungsgrenze schon heute erreicht. Dafür habe man Verständnis, sagt Christian Schubert vom Bazl.

Die Armee will für die Drohnen jene Gebiete gebrauchen, welche bereits militärisch genutzt werden.
Autor: Christian Schubert Sprecher des Bundesamts für Zivilluftfahrt

Schubert geht davon aus, dass die Armee für Drohnen die Gebiete nutzen will, die bereits militärisch genutzt werden. Solche Übungsgebiete gebe es bereits in Bière und über dem Emmental. Man warte jetzt die Rückmeldungen der Gemeinde Nesslau und der Kantone St. Gallen und beider Appenzell ab und wolle dann für das Gebiet über dem Säntis abwägen, sagt Schubert weiter. Die Vernehmlassung läuft noch bis am 7. Oktober.

Schweiz aktuell, 29.09.2021, 19:00 Uhr ; 

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