Vor drei Jahren wurde das damals älteste Atomkraftwerk Frankreichs, Fessenheim, stillgelegt. Wegen Sicherheitsproblemen und politischem Druck aus der Schweiz und Deutschland nahm die französische Regierung das AKW nach langem Hin und Her vom Netz.
Ich fordere ein neues AKW, eine neue Generation Reaktor, hier in Fessenheim.
Das sei ein grosser Fehler gewesen, ist der Bürgermeister von Fessenheim, Claude Brender überzeugt und geht deshalb in die Offensive: «Ich fordere ein neues AKW, eine neue Generation Reaktor, hier in Fessenheim. Unsere Gemeinde soll ein Produktionsort von Strom bleiben.»
Brender wehrte sich an vorderster Front gegen die Schliessung des AKWs Fessenheim. Er kämpfte auf der Strasse für die Arbeitsplätze und die Steuereinnahmen. Fessenheim ist aus Brenders Sicht der ideale Standort für ein neues Kernkraftwerk: Die Gemeinde liegt am Rhein, mit dessen Wasser die Reaktoren gekühlt werden könnten und das Strom-Netz sei wegen des alten Werks bereits bestens ausgebaut.
Rudolf Rechsteiner, Alt-Nationalrat der SP und Vizepräsident des trinationalen Atomschutzverbands, ist schockiert über die Idee eines neuen Atomkraftwerks in Fessenheim. Jahrelang bekämpfte er Seite an Seite mit anderen Atomgegnerinnen und -gegnern aus Deutschland und der Schweiz das alte Kernkraftwerk in Fessenheim. «Ich hätte mir einen erneuten Kampf gegen Atomkraft in Fessenheim wirklich gerne erspart», sagt er.
Trotz des Rückbaus des alten Atomkraftwerks in Fessenheim: Frankreich setzt aktuell stark auf Kernenergie - vor allem auf neue und kleinere Werke, die schneller und an abgelegeneren Orten gebaut werden können. Bis ins Jahr 2030 will Frankreich sogenannte «Small Modular Reactors» entwickeln.
Diese neue Generation von AKWs soll laut der Atomindustrie und der Atomwissenschaft sicherer sein. «Die Wahrscheinlichkeit, dass es bei den neuen AKWs zu einem schweren Störfall kommt, liegt fast bei null», sagt Annalisa Manera, Professorin für nukleare Sicherheit an der ETH Zürich.
Die Wahrscheinlichkeit, dass es bei den neuen AKWs zu einem schweren Störfall kommt, liegt fast bei null.
China, die USA oder auch Russland interessieren sich stark für diese Technologie – trotz des weiterbestehenden Entsorgungsproblems von Atommüll.
Diese Entwicklung hält Rechsteiner für sehr gefährlich. Er ist bereit, ein zweites Mal zu kämpfen, ein zweites Mal gegen ein Atomkraftwerk in Fessenheim auf die Strasse zu gehen. «Es muss nicht zwingend ein Unfall passieren – auch ein kriegerisches Ereignis oder ein Terroranschlag bergen grosse Risiken», sagt er, «Ich finde es äusserst arrogant zu behaupten, eine so gefährliche Anlage sei sicher.» Der Widerstand um Fessenheim flammt nun, drei Jahre nach der Stilllegung des alten Werks, wieder auf.
Mit dem Szenario eines neuen Atomkraftwerks vor der Haustür steht die Nordwestschweiz nicht allein da. Frankreich plant auch in Bugey, nahe Genf, zwei weitere Reaktoren. Auch dort regt sich bereits Widerstand.