Es ist der derzeit hitzigste Konflikt um Fluglärm in der Schweiz. Der Flugplatz Lausanne-Blécherette sieht sich nicht nur der Kritik aufmüpfiger Anwohnerinnen und Anwohner ausgesetzt, auch weht aus der Politik ein immer rauerer Wind. Den Streit zusätzlich verschärfen dürfte der Zuzug Tausender neuer Flughafen-Anrainer in einem neu gebauten «Ökoquartier» ab nächstem Sommer. Doch der Reihe nach.
Lausanne-Blécherette ist der älteste Flugplatz der Schweiz, der noch in Betrieb ist. In den über 100 Jahren seiner Existenz ist die Stadt immer näher an das Gelände herangewachsen.
Langjähriger Konflikt
Noch 1992 spricht sich die Lausanner Stimmbevölkerung in einer Abstimmung für den Erhalt und die Privatisierung des Flugplatzes aus. Die Anwohnerinnen und Anwohner aber beklagen den Lärm der Südflüge, die direkt über die Stadt gehen. Ihr Widerstand ist in den letzten Jahren lauter geworden.
Zuletzt hat der Anwohner-Verein ADRB ein «Weissbuch» veröffentlicht, in dem der Fluglärm anhand eigener Messungen dokumentiert wurde. Rückenwind bekommen die Anwohnerinnen und Anwohner inzwischen auch von der Klima-Bewegung.
Auf der anderen Seite stehen Hobbypiloten, Liebhaberinnen historischer Flugzeuge, Freizeit- und Businessflug-Firmen. Laut den Betreibern des Flugplatzes ist die Anzahl der Flugbewegungen seit Jahren stabil, und die Ausrichtung der Flüge von und nach Norden oder Süden sei abhängig vom Wetter.
Der Regionalflughafen habe bereits restriktivere Betriebszeiten als die meisten anderen Flughäfen in der Schweiz. Mit einem neuen Elektro-Flugzeug und Flugsimulatoren für die Ausbildung wolle man den Lärm weiter reduzieren. Doch die Fronten sind verhärtet, der Dialog stockt.
Flughafenstreit wird zum Politikum
Längst hat der Flughafenstreit die Lausanner Politik erreicht. «Kurzfristig braucht es jetzt Massnahmen gegen den Fluglärm, Schalldämpfer und mehr Nord- statt Südflüge», so der Grüne Valéry Beaud. Langfristig solle der Flughafen ganz schliessen – und zwar sobald sich die Gelegenheit biete: beim Ablauf der Konzession des Bundes 2036.
Der Flughafen ist für Lausanne als olympische Hauptstadt wichtig.
Die FDP hält dagegen: «Der Flughafen ist für Lausanne als olympische Hauptstadt wichtig», sagt Henri Klunge. Für die vielen internationalen Firmen und Sportorganisationen in Lausanne sei ein eigener Flughafen wichtig.
Klimaziele vs. Flughafen
Die Stadtregierung von Lausanne versucht zwischen Anwohnern und Flughafen zu vermitteln. Gegenüber SRF bezieht die zuständige Stadträtin, Natascha Litzistorf aber erstmals klar Position: «Es ist legitim zu hinterfragen, ob der Flughafen am richtigen Ort ist und es die Fliegerei braucht, die über die Rettungsflüge von Rega und Unispital hinausgeht», so Litzistorf.
Die Stadt müsse zwar die Rechtssicherheit gegenüber den Flughafenbetreibern garantieren. «Aber wir müssen auch unserer Bevölkerung eine glaubwürdige Politik garantieren. Dazu gehört auch unser ambitionierter Klimaplan.»
Erstmals soll nun eine Studie den wirtschaftlichen Nutzen des Flughafens sowie die gesundheitlichen Kosten für die Bevölkerung beziffern. Das Ergebnis ist offen.
Ohnehin kann die Stadt nicht alleine über die Zukunft des Flughafens Lausanne-Blécherette entscheiden. Über eine Verlängerung der Konzession nach 2036 entscheidet der Bund. Klar ist: Mit dem neuen Quartier Plaines-du-Loup, das im Südosten direkt an den Flughafen angrenzt, dürfte die Gruppe der Flughafengegner an Zulauf gewinnen.