Darum geht es: Lange Wartelisten, zu wenig Plätze: Dass es nicht überall ein ausreichendes Angebot an Kita-Plätzen gibt, ist unumstritten. Umstritten ist aber, wer zahlen soll: Ein inzwischen zweimal verlängertes «Impulsprogramm» soll nach dem Willen des Bundesrats eingestellt werden. Der Grund: Die Finanzspritze sei von Anfang an befristet gewesen, grundsätzlich sei die Schaffung eines bedarfsgerechten Angebotes Sache der Kantone und Gemeinden.
Das wurde entschieden: Der Nationalrat sprach sich mit 103 zu 89 Stimmen für eine Verlängerung des Impulsprogramms um weitere vier Jahre aus. Das Geschäft geht weiter an den Ständerat. SVP und FDP unterlagen, obwohl sie im Nationalrat über eine knappe Mehrheit verfügen. Dies lag vor allem daran, dass die FDP nicht geschlossen gegen die Vorlage stimmte.
Das sagen die Befürworter: Für Aline Trede (Grüne/BE) ist klar: «Was die Infrastruktur für die Gleichstellung von Mann und Frau anbelangt, sind wir ein Entwicklungsland.» Aus dem Ausland würde man mit Verwunderung auf die rückständige Schweiz blicken, so die Grünen-Nationalrätin. Und: «Das Geld des Bundes wird gebraucht», so Trede. Viele Kantone und Gemeinden seien noch nicht weit genug, den Bedarf selbstständig zu decken.
Rosmarie Quadranti (BDP/ZH) sagte, Vereinbarkeit von Familie und Beruf müsse ernst gemeint sein: «Worten müssen Taten folgen.» Dann sei es aber auch am Parlament, mit weiteren Massnahmen «Nägel mit Köpfen» machen, so die Präsidentin von Kinderbetreuung Schweiz. Martina Munz (SP/SH) erklärte, das Förderangebot habe schweizweit für ein neues Bewusstsein gesorgt: in vielen ländlichen Regionen sei dieses noch nicht sehr ausgeprägt. Eine Einstellung des Programms wäre ein fatales Signal, so Munz.
Worten müssen Taten folgen.
Mehrere Redner erklärten, dass sich die Investition auch wirtschaftlich lohnen würde: Das Geld fliesse wieder aus dem Arbeitsmarkt zurück. Die Anschubfinanzierung habe viel bewirkt und sei unverzichtbar geworden. Studien hätten gezeigt, dass das Förderinstrument Wirkung zeige.
Das sagen die Gegner: Nationalrätin und Krippenbetreiberin Nadja Pieren (SVP/BE) stellte sich dagegen, die «befristete Anschubfinanzierung erneut befristet zu verlängern»: Der Bund solle nicht mit monetären Anreizen in die Zuständigkeit von Kantonen und Gemeinden eingreifen; zudem würden auch viele Arbeitgeber finanzielle Unterstützung leisten. «Nur dort, wo die Nachfrage wirklich da ist, braucht es Angebote», so Pieren.
Die Kantone müssen Flügge werden.
In den Randregionen seien diese Angebote tatsächlich manchmal dürftig, räumte Pieren ein. Dort würden aber oft auch andere Familienstrukturen herrschen: Die familiären Netzwerke seien ausgeprägter. Dagegen seien die Nachfrage, aber auch das Angebot, in den Städten und Agglomerationen grösser.
Christian Wasserfallen (FDP/BE) erklärte es für fragwürdig, dass der Bund den Kantonen nach 16 Jahren immer noch Geld hinhalten müsse: «Sie müssen Flügge werden.» Auch Wasserfallen sagte, es gelte «Krippenbürokratie» abzubauen und das Angebot damit günstiger zu machen.
Verena Herzog (SVP/TG) kritisierte den «Kita-Boom» an vielen Orten. Dieser führe dazu, dass gut geführte Krippen schliessen müssten. Und: «Dort, wo es nötig ist, sollen die Kantone investieren und nicht der Bund.» Nach dem Giesskannenprinzip Geld zu verteilen, so kontraproduktiv.
Das sagt der Bundesrat: Der Bundesrat sprach sich ebenfalls dagegen aus, das Programm zum dritten Mal zu verlängern. Innenminister Alain Berset erklärte, dass es sich um eine subsidiäre Aufgabe der Kantone und Gemeinden handle. Sie müssten ihre Kompetenzen aber ausreizen – das sei noch nicht geschehen.