Draussen spielen bis zum Umfallen. Das macht Kindern nicht nur Spass, es ist auch gesund. Verschiedene Studien belegen: Spielen im Freien fördert insbesondere guten Schlaf, die mentale Gesundheit, kann Allergien verhindern und stärkt das Immunsystem insgesamt.
Eine neue repräsentative Studie des Marktforschungsunternehmens Link im Auftrag des Outdoor-Kinderkleiderherstellers namuk zeigt nun aber: Schweizer Kinder verbringen weniger Zeit draussen als die letzte Generation.
Durchschnittlich eineinhalb Stunden verbringen Kinder in der Schweiz laut der Studie draussen. Der tiefe Wert überrascht auch die Marketingforscherin bei Link, Marianne Altgeld. «Das heisst, Kinder verbringen 22.5 Stunden drinnen.»
Eltern glauben an positiven Effekt
Eigentlich sind sich die befragten Eltern einig: Viel Outdoor-Zeit ist für den eigenen Nachwuchs gesund. Fast neun von zehn Befragten finden, Zeit draussen helfe der Konzentrations- und Widerstandsfähigkeit ihrer Kinder, zudem seien sie dadurch zufriedener und ausgeglichener.
Und trotzdem geben zwei Drittel der Eltern an, sie hätten in ihrer Kindheit mehr Zeit im Freien verbracht als ihre Kinder heute. Die befragen Eltern sehen die fortschreitende Digitalisierung als Hauptgrund dafür. Mit anderen Worten: Die Kinder sitzen öfters vor den Bildschirmen als früher.
Der Kinder- und Entwicklungspsychologe an der ZHAW, Daniel Süss, stimmt dem Eindruck der Eltern zu, gibt aber zu bedenken, nicht alle Bildschirmaktivitäten fänden zwingend im Inneren statt.
Süss sieht aber vor allem die Eltern in der Verantwortung. Oft hätten schon kleine Kinder einen durchgetakteten Freizeitplan. «Wir leben in einer Selbstoptimierungsgesellschaft.» Sprich, das Frühfranzösisch, die Geigenstunde und der Japanischkurs verhindern das Spielen in der Natur. Eine Befragung von Pro Juventute zeigt: Jedes dritte Kind ist gestresst, und eine falsche Freizeitgestaltung kann ein Stressfaktor sein.
Kein Stadt-Land-Graben
Laut Lulzana Musliu, Mediensprecherin bei Pro Juventute, muss ein ausgefülltes Freizeitprogramm bei Kindern aber nicht unbedingt schlecht sein. «Wenn das Kind die Freizeitaktivitäten von sich aus wählt, können sie auch gegen den Stress helfen.» Deshalb müssten allfällige Hobbys immer mit den Kindern abgesprochen werden.
Was überrascht: Laut Marketingforscherin Marianne Altgeld gibt es kein keinen Stadt-Land-Graben. Kinder auf dem Land spielen also genau so oft im Freien wie Kinder in der Stadt. Unterschiede gibt es hingegen in Bezug auf das Einkommen und den Bildungsgrad der Eltern. Akademikerkinder und Kinder aus Haushalten mit hohem Einkommen verbringen im Durchschnitt weniger Zeit im Freien.
Laut Entwicklungspsychologe Daniel Süss könnte das damit zusammenhängen, dass Akademiker besonders hohe Ansprüche an die Ausbildung ihrer Kinder haben. Und «sie können die Fördermassnahmen auch finanzieren». Zudem seien sie in der Regel beruflich mehr eingebunden und deshalb froh, wenn die Kinder irgendwo versorgt seien und nicht einfach draussen frei spielten.
Eltern haben laut Altgeld einen hohen Einfluss darauf, wie viel Zeit ihre Kinder an der frischen Luft verbringen. Dies über die Förderung von Zeit im Freien und ihre Vorbildfunktion. Diese Meinung teilt Süss: «Eltern müssen zum Ausdruck bringt, dass man sich gerne draussen bewegt, und das dann auch leben.»