Alles ging sehr schnell. Bloss ein paar Tage der Vorbereitung waren nötig, dann sassen 29 Studentinnen der Nationalen Kunstakademie im ukrainischen Lwiw in einem Bus nach Warschau. Im Kleinbus gings weiter quer durch Deutschland bis nach Zürich, per Zug dann nach Luzern. In einem Hotel, dessen Betreiber kostenlos Zimmer zur Verfügung stellte, ruhten sie sich einige Tage aus. Dann begann das neue Semester – in Luzern statt in Lwiw.
Gut zwei Monate ist das her. Zwei Monate, in denen die 29 Ukrainerinnen nun in einem Studentenheim in Luzern leben – nicht als Geflüchtete, sondern als Austauschstudentinnen des Departements Kunst & Design der Hochschule Luzern HSLU.
Studentinnen haben sich gut akklimatisiert
Trotz schwierigem Start habe sie sich gut eingelebt, sagt die 19-jährige Kateryna Basiuk, Studentin für Modedesign. «Zu Beginn hatte ich Mühe, weil alles so anders ist. Die Sprache, der Stundenplan, das ganze System der Schule hier. Aber mittlerweile komme ich klar – und ich bin gerne hier.»
Zu Beginn hatte ich Mühe, weil alles so anders ist. Aber mittlerweile komme ich klar.
Auch Graphic Design-Studentin Liza Tarakanova spricht von einer «spannenden Zeit», die sie gerade erlebe. «Ich kann hier so viele neue Erfahrungen sammeln wie noch nie in meinem Leben.»
Dass die ukrainischen Studentinnen so kurz nach dem russischen Überfall auf ihre Heimat ihr Studium in Luzern fortsetzen konnten, liegt an einer Partnerschaft zwischen der Hochschule Luzern und der Kunstakademie Lwiw. Und auch an Monika Gold, die in Luzern die Studienrichtung Graphic Design leitet: Ihre Grosseltern waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus der heutigen Ukraine in die Schweiz eingewandert, sie selbst hat schon seit über 20 Jahren Kontakt zur Schule in Lwiw. «Einige Tage nach Kriegsausbruch nahm ich Kontakt auf mit dem dortigen Direktor und fragte, ob wir helfen können», sagt sie. Kurz darauf waren die 29 jungen Frauen in Luzern.
Luzern soll dem Studium angerechnet werden
Ihre Integration in den Schulbetrieb war allerdings nicht unkompliziert. Um die sprachlichen Hürden zu reduzieren, wechselte die HSLU zwar schnell auf Englisch als Unterrichtssprache. «Aber zuerst mussten wir abklären, wer von den Ukrainerinnen welches Fach in welchem Semester studiert, und schauen, wo sie bei uns einsteigen können», sagt Monika Gold. «Ziel ist es ja, dass sie ihre Zeit bei uns ihrem Studium anrechnen können.»
Die HSLU habe für alle Studentinnen eine Lösung gefunden, und durch Spenden sei auch der grösste Teil der Kosten gedeckt, sagt Jacqueline Holzer, Leiterin des Departements Kunst & Design: «Die Solidarität war überwältigend. Das ging bis zu den Studierenden, die Kleiderbörsen organisierten, weil die Ukrainierinnen nur mit wenig Gepäck gekommen waren.»
Unklar, wie es im nächsten Semester weitergeht
Deren Situation bleibt dennoch nicht einfach. Viele stammen aus Gebieten, in denen der Krieg heftig wütet, sie leben in permanenter Sorge um Familie und Freunde.
Unklar ist auch ihre Zukunft. Die Hochschule will mit ihnen bald besprechen, ob sie ein zweites Austauschsemester anhängen oder ihren Studienort gleich ganz nach Luzern verlegen wollen – oder ob sie in die Ukraine zurückkehren. Die angehende Modedesigner Kateryna Basiuk ist sich noch nicht sicher, wie sie sich entscheidet.
«Einerseits wäre es schön, hier weiterzustudieren», sagt die 19-Jährige. «Andererseits vermisse ich die Ukraine, meine Leute, meine Stadt.» Auch Graphic Design-Studentin Liza Tarakanova ist sich unsicher, wie ihre Zukunft aussieht. Für sie ist aber klar: «Ich würde gerne in Luzern bleiben und hier meinen Master machen.»