In der ganzen Schweiz fehlen nach wie vor Halteplätze für Fahrende, für die Jenischen und Sinti, die in der Schweiz zu Hause sind. Finden müssen diese Plätze die Kantone, und viele tun sich schwer damit.
Der Kanton Solothurn hat nach jahrelangen Bemühungen nun zwei neue Plätze gefunden. Er hat bisher nur einen einzigen Halteplatz in Grenchen. Aktuell versuchen Kanton und Verbände der Fahrenden, die Bevölkerung ins Boot zu holen.
Schweizer Fahrende – Jenische und Sinti – sind eine anerkannte nationale Minderheit. Gemeint sind Schweizerinnen und Schweizer, die eine fahrende Lebensweise pflegen. Die Gemeinschaft der Sinti und der Jenischen in der Schweiz zählt schätzungsweise 30'000 bis 35'000 Personen. Laut eigenen Angaben lebt der grösste Teil davon sesshaft, nur 2000 bis 3000 hätten eine fahrende Lebensweise.
Damit sie ihre Kultur leben können, sind sie auf angemessene Halteplätze angewiesen. Insgesamt gibt es in der Schweiz 47 Halteplätze. Benötigt werden 80 bis 90 zusätzliche Halteplätze, heisst es bei der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende. Neu soll es deshalb im Kanton Solothurn in Härkingen und in Biberist je einen Halteplatz geben – mit je 10 bis 15 Stellplätzen.
Wer wohnt auf den neuen Stellplätzen für wie lange? Wie kommen die Kinder der Fahrenden in die lokale Schule? Braucht es einen Schulbus? Muss man Land umzonen? Am Informationsabend für die Einwohnerinnen und Einwohner von Biberist wurde diese Woche versucht, die vielen Fragen zu beantworten.
Auch skeptische Fragen
Neugierde, Skepsis und Angst – es waren gemischte Gefühle, die am Infoanlass präsent waren. «Ich wollte das einfach mal anschauen», sagte eine Frau gegenüber SRF. «Ich bin nicht positiv gestimmt, man hört nur Schlechtes von denen», meinte ein Mann. Eine weitere Einwohnerin meinte: «Der Platz war bisher Weideland für Kühe. Von dem her stört mich das gar nicht. Das passt gut an jenem Standort.»
Der Halteplatz in Biberist ist im Norden der Gemeinde geplant, zwischen Autobahn, Aare und Aldi. «Der Platz liegt in der Mittellandachse. Wir haben eine unproblematische Nachbarschaft mit Einkaufsmöglichkeiten und schnelle Wege auf die Autobahn», sagt der Solothurner Kantonsplaner Sacha Peter. Die Nähe zur Autobahn sei für die Fahrenden zentral, meint er.
Wir konnten Vorurteile abbauen.
Auch der Biberister Gemeindepräsident Stefan Hug zeigt Verständnis für die Sorgen der Bevölkerung. «Jetzt gehts um Aufklärungsarbeit. Wir möchten aufzeigen, dass wir die Sorgen ernst nehmen, und dass es auch eine Chance sein kann.»
Der Austausch mit der Bevölkerung sei wichtig, findet auch Daniel Huber, Präsident der Radgenossenschaft, der Dachorganisation der Schweizer Sinti und Jenischen: «Wir konnten am Infoabend Vorurteile abbauen. Es war ein gutes Klima. Es ist wichtig, dass man auch die Jenischen hört und versteht, wer wir sind», sagte er am Infoabend.
Bis die Bagger auf den Plätzen auffahren, dauere es noch, heisst es beim Kanton. Noch stehe man am Anfang des Prozesses.
2025 soll das Planungsverfahren starten. Dabei wird die Planung konkreter und Interessierte können sich äussern. Die Kosten würde der Kanton tragen. Vorgesehen ist, dass die Fahrenden für ihren Aufenthalt eine Miete bezahlen.