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Halteplätze für Fahrende gesucht und gefunden: Wie kommt das an?
Aus Regionaljournal Aargau Solothurn vom 12.11.2024. Bild: Keystone/Salvatore di Nolfi
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Stellplätze in der Schweiz Plätze für Fahrende gefunden – doch macht die Bevölkerung mit?

Der Kanton Solothurn hat nach langer Suche zwei Stellplätze für Fahrende gefunden. Nun hofft er auf ein Miteinander.

In der ganzen Schweiz fehlen nach wie vor Halteplätze für Fahrende, für die Jenischen und Sinti, die in der Schweiz zu Hause sind. Finden müssen diese Plätze die Kantone, und viele tun sich schwer damit.

Der Kanton Solothurn hat nach jahrelangen Bemühungen nun zwei neue Plätze gefunden. Er hat bisher nur einen einzigen Halteplatz in Grenchen. Aktuell versuchen Kanton und Verbände der Fahrenden, die Bevölkerung ins Boot zu holen.

Schweizer Fahrende – Jenische und Sinti – sind eine anerkannte nationale Minderheit. Gemeint sind Schweizerinnen und Schweizer, die eine fahrende Lebensweise pflegen. Die Gemeinschaft der Sinti und der Jenischen in der Schweiz zählt schätzungsweise 30'000 bis 35'000 Personen. Laut eigenen Angaben lebt der grösste Teil davon sesshaft, nur 2000 bis 3000 hätten eine fahrende Lebensweise.

Stellplatz
Legende: Fahrende auf einem Gelände bei Genf. Ziel wären genug Halteplätze in der ganzen Schweiz, damit gerade die Schweizer Jenischen und Sinti ihre Lebensweise pflegen können. Keystone/Salvatore di Nolfi

Damit sie ihre Kultur leben können, sind sie auf angemessene Halteplätze angewiesen. Insgesamt gibt es in der Schweiz 47 Halteplätze. Benötigt werden 80 bis 90 zusätzliche Halteplätze, heisst es bei der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende. Neu soll es deshalb im Kanton Solothurn in Härkingen und in Biberist je einen Halteplatz geben – mit je 10 bis 15 Stellplätzen.

Wer wohnt auf den neuen Stellplätzen für wie lange? Wie kommen die Kinder der Fahrenden in die lokale Schule? Braucht es einen Schulbus? Muss man Land umzonen? Am Informationsabend für die Einwohnerinnen und Einwohner von Biberist wurde diese Woche versucht, die vielen Fragen zu beantworten.

Auch skeptische Fragen

Neugierde, Skepsis und Angst – es waren gemischte Gefühle, die am Infoanlass präsent waren. «Ich wollte das einfach mal anschauen», sagte eine Frau gegenüber SRF. «Ich bin nicht positiv gestimmt, man hört nur Schlechtes von denen», meinte ein Mann. Eine weitere Einwohnerin meinte: «Der Platz war bisher Weideland für Kühe. Von dem her stört mich das gar nicht. Das passt gut an jenem Standort.»

Was für Plätze sind das?

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  • Der Kanton Solothurn will an zwei Standorten Halteplätze für Schweizer Fahrende errichten. Das sind keine Durchgansplätze für Fahrende aus dem Ausland. Hier wohnen Schweizer Sinti und Jenische im Winter länger, im Sommer kürzer und benötigen einen Platz, WC, Dusche, Strom und Wasser.
  • Ein Platz ist auf dem ehemaligen kantonalen Werkhof am Chesslerweg in Härkingen vorgesehen. Der andere Platz im Gebiet Tscharandimatt an der Bürenstrasse in Biberist.
  • In Härkingen soll ein Standplatz mit etwa zehn Stellplätzen erstellt werden, der dem stationären Aufenthalt insbesondere über die Wintermonate dient.
  • In Biberist handelt es sich um einen kombinierten Stand- und Durchgangsplatz mit zehn bis fünfzehn Stellplätzen.
  • Bisher hat es im Kanton Solothurn nur einen Durchgangsplatz in Grenchen.

Der Halteplatz in Biberist ist im Norden der Gemeinde geplant, zwischen Autobahn, Aare und Aldi. «Der Platz liegt in der Mittellandachse. Wir haben eine unproblematische Nachbarschaft mit Einkaufsmöglichkeiten und schnelle Wege auf die Autobahn», sagt der Solothurner Kantonsplaner Sacha Peter. Die Nähe zur Autobahn sei für die Fahrenden zentral, meint er.

Wir konnten Vorurteile abbauen.
Autor: Daniel Huber Jenischer und Präsident der Radgenossenschaft

Auch der Biberister Gemeindepräsident Stefan Hug zeigt Verständnis für die Sorgen der Bevölkerung. «Jetzt gehts um Aufklärungsarbeit. Wir möchten aufzeigen, dass wir die Sorgen ernst nehmen, und dass es auch eine Chance sein kann.»

Aargauer Platz
Legende: Im Bild ein Durchgangsplatz in Aarau: Im Nachbarkanton gibt es mehr Halteplätze als im Solothurnischen, nämlich fünf Durchgangsplätze und einen Standplatz. Man schaue etwas neidisch in Richtung Osten, hiess es beim Kanton am Infoanlass in Biberist. Keystone/Urs Flüeler

Der Austausch mit der Bevölkerung sei wichtig, findet auch Daniel Huber, Präsident der Radgenossenschaft, der Dachorganisation der Schweizer Sinti und Jenischen: «Wir konnten am Infoabend Vorurteile abbauen. Es war ein gutes Klima. Es ist wichtig, dass man auch die Jenischen hört und versteht, wer wir sind», sagte er am Infoabend.

Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende 

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Legende: Undatierte Aufnahme eines Standplatzes von Jenischen in der Schweiz. Keystone/Str

Die Stiftung gibt es seit 1997. Sie wurde vom Bund gegründet und soll dazu beitragen, dass die Minderheiten, die auch in der Schweiz während langer Zeit diskriminiert und verfolgt wurden, ihr kulturelles Selbstverständnis wahren können.

«Jenische lebten und leben seit jeher in Wohnung und Wagen. Ihre Reisetätigkeit ist abhängig von der Jahreszeit und der Berufsausübung», erklärt die Stiftung auf ihrer Website.

Bei Familien mit schulpflichtigen Kindern spielten die Möglichkeiten, welche die Schulen bieten, eine entscheidende Rolle. Ebenso entscheidend sei aber auch der Stellenwert, den die Eltern der Ausbildung ihrer Kinder in Bildungsinstitutionen beimessen.

Jahrelange Diskriminierung

«Dass die ökonomische und soziale Situation der Jenischen, Sinti und Roma in der Schweiz auch heute oft noch prekär ist, ist mitunter eine Folge der lange währenden Diskriminierungen», hält die Stiftung fest.

Bis die Bagger auf den Plätzen auffahren, dauere es noch, heisst es beim Kanton. Noch stehe man am Anfang des Prozesses.

2025 soll das Planungsverfahren starten. Dabei wird die Planung konkreter und Interessierte können sich äussern. Die Kosten würde der Kanton tragen. Vorgesehen ist, dass die Fahrenden für ihren Aufenthalt eine Miete bezahlen.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 12.11.2024, 6:31 Uhr ; 

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