Auch am zweiten Tag der ausserordentlichen Session beschäftigte sich das Parlament mit der Bewältigung der Coronakrise und fällt zahlreiche Entscheide. Die wichtigsten im Überblick.
Nationalrat
Keine Dividenden bei Kurzarbeit: Unternehmen, die in der Coronakrise Kurzarbeit beziehen, sollen im laufenden und kommenden Jahr keine Dividenden ausschütten dürfen. Die grosse Kammer hat eine entsprechende Motion seiner Sozialkommission mit 93 zu 88 Stimmen und bei 11 Enthaltungen angenommen. Der Bundesrat wird zudem ersucht, eine analoge Regelung zu treffen für Unternehmen, welche im laufenden Jahr bereits eine Dividende gesprochen oder ausgeschüttet haben. Der Ständerat entscheidet am Mittwoch über die brisante Motion.
Lehrstellen sichern: Das Parlament will, dass die Betriebe in der Schweiz trotz Coronakrise genügend Lehrstellen schaffen und Lernende einstellen können. Der Nationalrat hat eine Motion aus dem Ständerat oppositionslos gutgeheissen, die Unterstützung für die Lehrfirmen verlangt. Den Vorstoss eingereicht hatte die Wirtschaftskommission des Ständerats. Im April seien deutlich weniger Lernende als üblich angestellt worden, schrieb sie. Drohe einem Betrieb der Konkurs, könnten auch Lehrlinge ihre Arbeitsstelle verlieren.
Corona-Einsatz der Armee abgesegnet: Die grösste Mobilmachung seit dem 2. Weltkrieg wurde auch im Nationalrat gebilligt. Die Räte dankten den Armeeangehörigen für die Dienste in den Spitälern und an der Grenze. Vertreter aus dem linken Lager forderten unter anderem, der Einsatz der Soldaten an der Grenze müsse bis am Freitag beendet werden. Bis Mitte April waren 5000 Armeegehörige aufgeboten worden. Bis Ende Woche werden 2500 davon entlassen.
Noch keine Lösung bei Geschäftsmieten: Die Räte sind uneins, wie mit den Mieten von Geschäften zu verfahren ist, die wegen der Corona-Epidemie schliessen mussten. Der Ständerat will einen teilweisen Mieterlass für kleinere Betriebe, der Nationalrat eine Pauschallösung. Die grosse Kammer verlangte heute, dass Betreiber von Restaurants und weiteren vom Bundesrat geschlossenen Betrieben ihrem Vermieter grundsätzlich nur 30 Prozent der Miete schulden während der Zeit, in welcher sie aufgrund der behördlichen Massnahmen geschlossen bleiben müssen.
Gleichzeitig soll ein Härtefallfonds für Vermieter geschaffen werden, die aufgrund des teilweisen Mieterlasses in ihrer Existenz bedroht wären.
Geldspritze für flugnahe Betriebe: Der Bund soll in der Coronakrise nicht nur die Schweizer Fluggesellschaften unterstützen – auch flugnahe Betriebe sollen Geld erhalten. Über spezielle Sicherungen soll garantiert sein, dass das Geld nicht in ausländische Muttergesellschaften fliesst.
Schweizer Zulieferer und Dienstleistungsunternehmen seien als Arbeitgeber wichtig und stellten die Anbindung an die internationale Luftfahrt sicher, argumentierte die Mehrheit im Nationalrat. Links-Grün wollten Finanzhilfen an Umwelt- und Sozialbedingungen knüpfen, blieben aber in der Minderheit. Das Geschäft geht mit kleinen Differenzen zurück an den Ständerat.
Gesetzliche Grundlage für Corona-Tracing-App: Das Parlament will, dass die Nutzung einer Corona-Tracing-App auf einer gesetzlichen Grundlagen beruht und freiwillig sein muss. Es soll beispielsweise nicht möglich sein, dass ein Restaurant Gäste nur bewirtet, wenn diese eine solche App nutzen. Der Nationalrat stimmte einer Motion mit 127 zu 55 Stimmen bei 11 Enthaltungen zu. Der Ständerat hatte am Montag einen gleichlautenden Vorstoss ebenfalls angenommen.
Rückkehr in Etappen: Die Räte wünschen sich eine Rückkehr in Etappen von der Krise ins normale Geschäfts- und Wirtschaftsleben. Eine Motion, die beide Kammern unterstützt haben, ist mit den jüngsten Öffnungsentscheiden des Bundesrates grösstenteils erfüllt. Der Nationalrat hiess eine Motion seiner Kommission für Wirtschaft und Abgaben mit dem Titel «Smart Restart» mit 125 zu 61 Stimmen und 6 Enthaltungen gut. Gleiches hatte am Montag der Ständerat mit der identischen Motion getan.
Unterstützung für gebeutelten ÖV: Der Nationalrat verlangt, dass der Bund zusammen mit Kantonen und Transportunternehmen eine Vorlage zur Abschwächung der Ertragsausfälle im öffentlichen Verkehr ausarbeitet. Kommissionssprecher Martin Candinas (CVP/GR) sagte, dass die Kunden wieder für den öffentlichen Verkehr gewonnen werden müssten. «Wir müssen zeigen, dass der ÖV nicht bedrohlich ist, sondern dass er Teil einer nachhaltigen Mobilität ist.» Gegen die Motion stellte sich die SVP und ein Teil der FDP.
Überbrückungshilfe für die Medien: Nach dem Ständerat will auch der Nationalrat in der Coronakrise den Medien Überbrückungshilfe leisten. Diese umfasst unentgeltliche Agenturmeldungen, kostenlose oder vergünstigte Zeitungszustellung und Nothilfe von 30 Millionen Franken für private Radios und TV-Stationen. Gedacht ist die Hilfe als Überbrückung, bis die vom Bundesrat ausgearbeiteten Gesetzesänderungen zur Stärkung der Medien in Kraft treten können.
Ständerat
65 Millionen für Kitas: Betreiber von Kinderkrippen können aufatmen. In der Coronakrise unterstützt sie der Bund mit 65 Millionen Franken. Der Nationalrat folgt damit der Linie des Ständerats. Die grosse Kammer hatte sich zunächst für , Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen100 Millionen Franken ausgesprochen. Der Bundesrat war gegen Bundesgelder für Kitas. Gemäss Berechnungen des Bundes betragen die Ertragsausfälle von Kitas und Krippen wegen der Corona-Pandemie rund 200 Millionen Franken. Für einen Drittel davon soll nun der Bund aufkommen.
Ständerat gegen längere Kredit-Fristen: Die kleine Kammer will nichts an den Spielregeln für die Corona-Kredite ändern: Die Kredite von maximal 500'000 Franken sollen nach dem ersten Jahr verzinst und innerhalb von fünf Jahren zurückbezahlt werden. Der Ständerat lehnte damit zwei Motionen seiner Finanzkommission ab, welche den kleinen und mittleren Unternehmen eine Frist von acht Jahren und generelle Zinsfreiheit gewähren wollte. Diese Lösung hatte im Nationalrat eine Mehrheit gefunden – die grosse Kammer muss sich nun nochmals mit der Vorlage befassen.
Hilfe für Tourismus: Mit zusätzlichen 67 Millionen Franken will der Ständerat den Tourismus unterstützen. Davon sollen 27 Millionen Franken zur Kompensation der wegfallenden Tourismusabgabe verwendet werden, wie Kommissionssprecher Peter Hegglin (CVP/ZG) erklärte. 40 Millionen sind für Kampagnen und die Förderung von Tourismusangeboten vorgesehen. Es gelte, den Schweizerinnen und Schweizern ihr Land näherzubringen, sagte Beat Rieder (CVP/VS).