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Zertifikate: Erst Gültigkeit verkürzen, später abschaffen?
Aus HeuteMorgen vom 31.01.2022. Bild: Keystone/Symbolbild
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Tausende Zertifikate verfallen Warum es das Covid-Zertifikat überhaupt noch braucht

Die Lage auf den Intensivstationen hat sich stabilisiert. Da stellt sich die Frage, ob die Zertifikatspflicht noch angemessen ist. Antworten gibt die Wissenschaft.

Was ist das Problem? Per Montag, 31. Januar, sind rund 250'000 Covid-Zertifikate von Geimpften und Genesenen abgelaufen. Der Bundesrat hat ihre Gültigkeitsdauer rückwirkend verkürzt, von einem Jahr auf neun Monate. Der Schutz vor einer Corona-Infektion nehme mit der Zeit zu sehr ab, so die Begründung. Ausserdem wird damit die Frist an die EU angepasst. Dort gelten Zertifikate für Geimpfte und Genesene nur neun Monate.

Braucht es die Zertifikate noch? Wie Quarantäne und Homeoffice-Pflicht seien sie ein Mittel, um die Ansteckungsdynamik zu verlangsamen, erklärt SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel. Es gehe darum, den Anstieg der Fallzahlen zu bremsen und die Anzahl schwerer Verläufen tief zu halten. «Bei beidem hilft das Zertifikat.» Personen mit einem Zertifikat hätten zwar keinen perfekten Schutz mehr. «Studien zeigen aber, dass die Immunität durch Impfung oder Genesung die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung immerhin senkt. Zudem haben Menschen mit Vorimmunität seltener schwere Verläufe.»

Berset mit Maske neben anderen Männern mit Maske.
Legende: Bundesrat Alain Berset sagte, er wolle die Zertifikatspflicht vorerst noch beibehalten. Er hat ihre Abschaffung in der SRF-Samstagsrundschau aber bereits in den Raum gestellt. Keystone

Wenn die Omikron-Variante des Virus weiterhin die epidemiologische Lage im Land bestimme und – so wie es sich derzeit abzeichne – die Krankheitslast weiterhin vergleichsweise gering bleibe, dann gelte, «dass der Nutzen der Zertifikatspflicht gesamthaft nicht mehr gross genug wäre, um sie weiterhin zu rechtfertigen», so Zöfels Einschätzung.

Wie lange hält der Impfschutz? Zwar sind die Zertifikate für Geimpfte und Genesene, die im Umlauf sind, neu nur noch neun statt zwölf Monate lang gültig. Die Auffrischungsimpfung («Booster») wird aber bereits vier Monate nach der zweiten Impfung empfohlen. Dies, weil Virusvarianten wie Omikron den Impfschutz, der ohnehin mit der Zeit abnimmt, weiter geschwächt hätten, erklärt Zöfel. Um diesen Schutz aufzufrischen, sei der sogenannte Booster nach vier Monaten sinnvoll: «Er erhöht vor allem den Schutz vor schweren Verläufen wieder für eine Weile.»

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Alain Berset: Ist die Zeit reif für Lockerungen?
aus Samstagsrundschau vom 29.01.2022. Bild: Keystone
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Wie sieht es bei Genesenen aus? In der Schweiz gilt das Covid-Zertifikat für sie auch nur noch neun Monate statt wie bisher zwölf. Deutschland hat die Gültigkeit der Zertifikate für Genesene sogar bereits auf drei Monate verkürzt. «Diese Regelung wird dort tatsächlich stark diskutiert.» Der kurze Zeitraum sei unter Expertinnen und Experten umstritten.

Zwei Junge beim Anmelden im Impfzentrum
Legende: «Bei einem Jugendlichen hält der Schutz deutlich länger an als bei einem 60-Jährigen», sagt Katrin Zöfel von der SRF-Wissenschaftsredaktion. Es sei immer ein Kompromiss, den man finden müsse, wenn man eine gewisse Gültigkeitsdauer für alle festlege. Keystone

Mehrfach zu impfen, und mit einem gewissen Zeitabstand die Impfung auch dann für den Erhalt eines gültigen Zertifikates vorzusehen, wenn eine Infektion stattgefunden habe, sei sinnvoll, so die Wissenschaftsredaktorin weiter. Denn es habe sich gezeigt, dass es mehrere Immunisierungen brauche, um den Immunschutz gegen das Coronavirus stabil werden zu lassen. «Wer einmal genesen ist, hat diesen stabilen Schutz noch nicht, zumindest nicht für sehr lange.» Es brauche, anders als bei anderen Viren, weitere «Immunschübe» durch Infektion oder Impfung, damit der Schutz auch gegen andere Varianten schützt.

Casimir Platzer von Gastrosuisse für Abschaffung

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Legende: Keystone

Wer vor über neun Monaten, also vor Anfang Mai 2021, geimpft oder infiziert wurde und sich bisher nicht hat boostern lassen, kann jetzt nicht mehr ins Fitnessstudio, ins Kino oder ins Restaurant. «Ich gehe davon aus, dass es viele Gäste gibt, die das noch nicht wissen», sagt Casimir Platzer, Präsident des Verbandes Gastrosuisse.

Darauf vorbereitet seien die Betriebe aber. «Die Kontrollen finden ja schon seit September 2021 statt.» Damals wurde die Zertifikatspflicht ausgeweitet. Seit Dezember gilt sogar 2G: Zutritt nur für Geimpfte oder Genesene.

«Wir spielen jetzt seit September Polizisten und müssen diese Triage vornehmen», beklagt sich Platzer. «Und diese Menschen, die jetzt ihre Zertifikate verlieren, haben eigentlich alles unternommen, um zu verhindern, dass sie vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. Doch das reicht jetzt nicht mehr. Das ist bedauerlich.»

Gastrosuisse hat letzte Woche zusammen mit dem Gewerbeverband gefordert, dass Massnahmen wie die Quarantäne, die Isolation, die Homeoffice-Pflicht und eben auch die Zertifikatspflicht aufgehoben werden. «Diese Giftportion aus 2G und Homeoffice-Pflicht hat insbesondere in den Städten zu viel weniger Gästen geführt», sagt Platzer. Die Homeoffice-Pflicht sei von dem her «mindestens so schlimm wie die 2G-Regel».

In den Bergen habe es bei guten Schneeverhältnissen und schönem Wetter zum Teil viele Gäste gehabt. «Aber in den Städten und auch auf dem Land eben viel, viel weniger.»

HeuteMorgen, 31.01.2022, 06:00 Uhr ; 

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