Das Wichtigste in Kürze
- Düngemittel, Reinigungsmittel für Schwimmbäder, Unkrautvernichter – sie alle haben eines gemeinsam: Sie können zu terroristischen Zwecken missbraucht werden.
- Mit dem nötigen Wissen können sie zum Sprengstoffbau verwendet werden. Und: Viele sind im freien Handel erhältlich.
- Das soll ein neues Gesetz nun ändern.
Der Bundesrat will den Zugang zu gewissen gefährlichen Substanzen erschweren. Ein entsprechendes Gesetz schickt er in die Vernehmlassung.
TATP – oft eingesetzter Sprengstoff bei Terroristen
Laut dem Bundesamt der Polizei gab es in der Schweiz bis jetzt keine terroristischen Vorfälle mit selbstgebautem Sprengstoff. Anders in der EU: Viele Attentate der letzten Jahre wurden mit selbsthergestellten Sprengsätzen durchgeführt.
Häufig verwendet wird dabei der Sprengstoff Triacetontriperoxid (TATP), der aus wenigen, einfach verfügbaren Chemikalien besteht. Er ist vergleichsweise leicht herzustellen, bestätigt Jürg Hulliger, Professor der Chemie an der Universität Bern. Die Zutaten gibt es unter anderem in der Apotheke, im Baumarkt oder im Fachhandel.
Keine Meldepflicht
Apotheker Alex Grogg bestätigt, dass es zurzeit kaum Einschränkungen beim Verkauf gibt: «Wir dokumentieren zwar, was wir an kritischen Stoffen verkaufen. Wir haben auch eine Ausweispflicht und das Mindestalter muss eingehalten werden. Aber eine Meldepflicht gegenüber den Behörden haben wir nicht.»
Der Sprengstoff TATP wurde zum Beispiel bei Attentaten in Paris oder Manchester benutzt. Allerdings sei es nicht so einfach, funktionierende Bomben damit zu bauen, sagt Chemie-Professor Hulliger. So wurden etwa im September 2017 bei einem ein Anschlag in der Londoner U-Bahn 29 Menschen verletzt. Der relativ glimpfliche Ausgang lag vor allem daran, dass der TATP-Sprengsatz nicht richtig explodierte. Die verwendeten Chemikalien waren zu wenig konzentriert, was Schlimmeres verhinderte.
Die Bedeutung von Konzentration und Menge
An diesem Punkt will der Bundesrat ansetzen. Fedpol-Sprecherin Cathy Maret bestätigt, dass man heute alle Produkte in jeglicher Konzentration erhalten kann. Das solle sich ändern. Gewisse dieser hoch konzentrierten Substanzen sollen in Zukunft nicht mehr frei verkauft werden. Stattdessen sollen Genehmigungen und Registrierungspflichten eingeführt werden. In der EU ist die Abgabe dieser Stoffe schon seit 2014 reglementiert.
Mit dem neuen Gesetz soll auch verhindert werden, dass potenzielle Einkäufer sich in der Schweiz mit gefährlichen Substanzen eindecken. Allerdings sollen die Bestimmungen nur für Privatpersonen gelten. Landwirte, die zum Beispiel grosse Mengen Düngemittel benötigen, sind von den neuen Regeln ausgenommen.
Kann heute also jeder eine Bombe bauen? Jürg Hulliger winkt ab: «Jedermann kann es probieren, aber nicht jeder wird es überleben.» TATP kann auch für die Bombenbauer gefährlich werden: Im August 2017 starben zwei Terroristen beim Versuch, eine TATP-Bombe für ein geplantes Attentat in Barcelona zu bauen.
(Sendebezug Tagesschau 19.30 Uhr)