Jedes Jahr im August kommen 100'000 Leute für das St. Galler Fest in die Innenstadt und feiern. So auch dieses Wochenende. Wo ein Fest gefeiert wird, fliesst viel Alkohol. So auch an den 170 Ständen in der St. Galler Altstadt.
Heuer könnte das Fest für die Standbetreiberinnen und -betreiber allerdings wegen Nichteinhaltens des Jugendschutzes zum Frust werden. Denn Alkoholtestkäufe der Stiftung Suchthilfe der letzten Jahre zeigten: Die minderjährigen Lockvögel gelangten in über der Hälfte der Fälle an Bier oder Hochprozentiges.
Jetzt greifen die Stiftung Suchthilfe und die Stadtpolizei durch: Verkauft ein Stand zweimal Alkohol an Minderjährige, wird dieser sofort geschlossen. Diese Massnahme sorgt unter den Standbetreibenden für Unmut. Wolfgang Steiger, Präsident eines lokalen Fussballclubs, der seit Jahren einen Stand am St. Galler Fest betreibt, sagt: «Die ganze Verantwortung betreffend Prävention wird an die Standbetreiber abgeschoben.»
Standbetreiber überrascht von neuer Regelung
Das Risiko gehe alleine an die Standbetreiber. «Haben wir zwei Tage schlechtes Wetter, haben wir verloren und müssen den Stand schliessen. Wenn wir Fehlverkäufe machen, müssen wir auch schliessen.» Sein Fussballclub habe in den letzten Jahren nichts falsch gemacht.
Die Verantwortung für den Jugendschutz hat immer die Person, die verkauft.
Die neue Regelung und die Drohung, den Stand zu schliessen, ist für Wolfgang Steiger eine Überraschung. Den Imageschaden, sollte der Stand geschlossen werden, könne und wolle man sich nicht leisten. Liegt es an der Kontrolle? «Ausweise werden konsequent kontrolliert. Aber: 14-Jährige sehen heute zum Teil aus wie 18 oder 20. Da kann es passieren, dass jemand ein Bier bekommt.»
Dem Vorwurf, die Verantwortung werde auf die Stände abgeschoben, entgegnet die Stiftung Suchthilfe: Die Massnahme sei nötig, weil Prävention und Information zu wenig genützt hätten. Regine Rust, Geschäftsleiterin der Stiftung Suchthilfe St. Gallen: «Die Verantwortung für den Jugendschutz hat immer die Person, die verkauft. Und der Veranstalter ist natürlich auch sehr bemüht und besorgt, dass der Jugendschutz eingehalten wird.»
Den Minderjährigen eine Verantwortung abzugeben, sei ebenso nicht richtig. Regine Rust sagt: «Jugendliche sind eben jugendlich, noch nicht erwachsen und noch nicht voll für sich verantwortlich. Verantwortlich dafür, dass Regeln und Gesetze eingehalten werden, sind Erwachsene.»
Cashless-System oder Festival-Armbänder als Lösung?
Sollte es tatsächlich zu einer Standschliessung kommen, liegt das Organisationskomitee in der Verantwortung, diese durchzusetzen. Bruno Bischof organisiert das St. Galler Fest seit über 30 Jahren. Die hohe Zahl an Verfehlungen stört ihn.
Ein Versuch mit freiwilligen Altersbändern am Handgelenk war erfolglos. «Bänder holen die, welche jünger aussehen, aber nicht mehr minderjährig sind. Jene, die das eigentliche ‹Problem› sind, holen keine. Zudem ist das Fest auf öffentlichem Grund. Wir können das Areal nicht absperren», sagt Bischof.
Ein Cashless-System mit Registrierung, also bargeldloses Zahlen via Chip, habe das Organisationskomitee auch bereits geprüft. Wegen technischer Voraussetzungen sei dies aber nicht möglich.