Maniok ist ein Grundnahrungsmittel für viele Millionen Menschen in Afrika. Was, wenn die Pflanze genetisch verändert wird? Ist das gefährlich oder rettet es gar Leben, weil Maniok dann länger haltbar werden könnte?
Die Debatte ist kontrovers – und so stösst auch ein Forschungsprojekt der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) in Nigeria auf Kritik. Dort wächst auf einem Testgelände Gentech-Maniok aus der Schweiz.
Nun schlagen 87 Nichtregierungsorganisationen vor Ort Alarm. Sie schrieben in einer Stellungnahme: «Diese Zusammenarbeit mit dem Schweizer Labor um genetisch veränderten Maniok in Nigeria einzuführen ist ein Vertrauensbruch und eine tödliche Gefahr für die nigerianische und afrikanische Ernährung und Landwirtschaft.»
24-Stunden-Bewachung
Gefährlich sei der Versuch nicht, sagt hingegen Molekularbiologin Livia Stavolone zu «10vor10». Er fände auf einem abgeschotteten Gelände statt, dass rund um die Uhr bewacht würde. Auch reiche ein Zaun mehr als ein Meter unter die Erde und soll so verhindern, dass kleine Tiere eindringen könnten. Laut Stavolone halten sich die Forscher an internationale Vorschriften und so sei das Risiko klein. «Alles hierher gebrachte Material hat einen Barcode, wurde angeschrieben, bleibt hier drinnen und wird am Schluss verbrannt.»
Mit ihrem Gentechnik-Projekt will die ETH ein Problem des Maniokanbaus lösen: Die Knollen der ursprünglich aus Südamerika kommenden Pflanze verderben nach der Ernte schnell. Die Forscher wollen die Maniok-Wurzeln länger haltbar machen.
Zunächst liessen die Forscher die Pflanzen drei Jahre lang in einem Gewächshaus in Zürich wachsen. Der Feldversuch fände nun in den Tropen statt, da die Pflanzen nur dort wachsen. «Dieser Feldversuch ist rein wissenschaftlich», erklärt Molekularbiologin Livia Stavolone. «Wir wollen zeigen, dass unsere Erfahrungen aus dem Labor und dem Gewächshaus auch im Feld zutreffen.»
Bevölkerung kann nicht mitreden
Aktivisten sind jedoch skeptisch. Sie kritisieren, dass die Behörde, die das Projekt bewilligte, generell Gentechnik befürwortete. Und sie finden, dass die nigerianische Bevölkerung bei der Bewilligung hätte mitreden sollen dürfen. «Wir sind nicht gegen Wissenschaft. Ich glaube kein Gentechnik-Gegner in Nigeria ist das», sagt der Gründer einer nigerianischen Organisation, die sich gegen Gentechnik einsetzt, Gbadebo Rhodes-Vivour. «Wir sind gegen die Aufsichtsbehörde und gegen eine Technologie mit Nebenwirkungen, die niemand anschaut. Alle wollen einfach grosse Unternehmen über das Wohlergehen des Volkes stellen.»
Die Hilfsorganisation Swissaid fordert vor allem mehr Informationen über das Projekt: «Wir erwarten von der ETHZ, dass sie Angaben macht, welches Risiko für die Bevölkerung mit diesem Versuch besteht, und wie man die Bevölkerung schützen kann», sagt Geschäftsführer Markus Allemann. Die von der ETH zur Verfügung gestellten Informationen reichten nicht. Eine Einladung zu einem Besuch an der ETH lehnte Swissaid jedoch ab. Swissaid wirft den Forschern auch vor, Sicherheitsstandards in Afrika auszunutzen, die tiefer seien als in der Schweiz oder der EU.
Diesen Vorwürfen widerspricht der Entwickler des genmanipulierten Manioks, Pflanzenbiochemie-Professor Samuel Zeeman von der ETH Zürich. Es würden die gleichen Standards wie in der Schweiz eingehalten. «Ich denke die Debatte über Gentechnik ist sehr polarisiert und in der Öffentlichkeit kursieren viele Falschinformationen. Das ist sehr schade, weil genetische Veränderung eine Methode ist, und diese Methode verspricht sehr viel um Ernten zu verbessern.»
Der Feldversuch in Nigeria läuft noch bis Ende Jahr. Für die ETH ist es wichtige Grundlagenforschung. Für Kritiker hingegen ein gefährliches Experiment.