Alle drei Standorte, die in der Schweiz für die Endlagerung von radioaktivem Abfall in Frage kommen, liegen in der Nähe der deutschen Grenze. Der Bundesrat hat diese Standorte gestern bestätigt. In Deutschland hat man daran keine Freude. Man wolle in dieser Sache auf Augenhöhe mitdiskutieren, sagt der oberste Kommunalbeamte im Landkreis Waldshut, Martin Kistler.
SRF News: Es geht um mögliche Standorte für die Endlagerung von Schweizer Atommüll. Entsprechend sollte nur die Schweiz die alleinige Entscheidungskompetenz darüber haben, wo diese Standorte liegen – oder?
Martin Kistler: Wenn Sie eine Lagerung unmittelbar an der Grenze planen, und wenn ein vorgeschlagener Oberflächenstandort 700 Meter Luftlinie von unserer deutschen Ortschaft Hohentengen entfernt ist, dann ist es ein internationales, grenzüberschreitendes Thema. Ich bin der Auffassung, wenn eine Region diese Last tragen soll, dann ist auch die Region insgesamt an dem Prozess zu beteiligen.
Die Schweiz ist ein kleines Land. Jeder Standort wäre relativ nahe an einer Grenze. Muss die Schweiz die eigenen Interessen nicht höher gewichten?
Man kann seine Interessen gut vertreten, ich habe da für die Schweizer auch viel Verständnis. Ich sage das jetzt und habe das auch immer vertreten: Wenn die sicherste Lagerung der Abfälle halt nur in der Nähe unserer Grenze sein kann, dann werden wir dies am Ende des Tages auch akzeptieren müssen.
Aber wir haben schon das Verlangen – und ich meine, das ist sehr berechtigt –, dass unsere Interessen in diesem Zusammenhang auch berücksichtigt werden sollen. Denn wir sind in diesem Prozess von den Auswirkungen in vergleichbarer Weise betroffen. Die Schweiz hat ja in dem Verfahren durchaus auch Ansätze gefunden, wie das passieren soll, und uns auch Verbesserungen zugesagt.
Der Bundesrat hat bestätigt, dass alle drei möglichen Standorte für ein Tiefenlager nahe an Ihrer Grenze liegen. Was unternehmen Sie jetzt?
Wir werden uns an dem Sachplanverfahren auch weiterhin konstruktiv beteiligen, wie wir das bisher auch schon getan haben, und wir werden unsere Stellungnahmen einbringen. Umgekehrt sind die vorgeschlagenen Standorte für die Oberflächenanlagen ein Thema, das uns weiterhin beschäftigen wird.
Bei den Oberflächenanlagen werden wir uns dafür einsetzen, dass die Standortvorschläge einer Revision unterzogen werden.
Wir sind der Auffassung, dass es nicht notwendig ist, dass man dieses zusätzliche Risiko für das Grundwasser in Kauf nimmt. Und auch da werden wir uns nochmals dafür einsetzen, dass diese Standortvorschläge einer Revision unterzogen werden.
Das Gespräch führte Raphaël Günther.