Das Wichtigste in Kürze:
- Haben die Thurgauer Behörden bewusst weggeschaut im Fall des mutmasslichen Tierquälers von Hefenhofen? Das zumindest sagen Tierschutzorganisationen.
- Politisch verantwortlich für den Fall ist der Thurgauer FDP-Regierungsrat Walter Schönholzer.
- Gegenüber SRF News hat Schönholzer Stellung genommen. Er weist die Vorwürfe von sich, die Konfrontation gescheut zu haben.
Walter Schönholzer ist unter Druck. Doch er wehrt sich. Man habe im Fall des mutmasslichen Tierquälers nicht bewusst weggeschaut: «Wir sind keinesfalls jahrelang nicht eingeschritten. Es gibt viele laufende Verfahren, die aber immer wieder durch alle Instanzen bekämpft wurden.» Darunter auch ein totales Tierhalteverbot 2014, das der Mann ebenfalls durch alle Rechtsinstanzen bekämpfte und das vom Bundesgericht 2016 wegen eines Formfehlers aufgehoben wurde.
Doch die Thurgauer Regierung nahm keinen neuen Anlauf, dem Pferdezüchter die Tierhaltung zu verbieten, weil erneut jahrelange Rechtsstreitigkeiten die Folge gewesen wären, wie Schönholzer darlegt. Stattdessen habe man die Strategie geändert und versucht, mit dem mutmasslichen Täter, der mehrfach Beamte des Kantons mit Waffen bedroht hatte, zusammenzuarbeiten. So fanden Kontrollen auf dem Hof nur noch nach Vorankündigung und im Beisein seines Anwaltes statt.
Schönholzer räumt ein, dass seine Strategie nicht erfolgreich gewesen sei.
Wie die aktuellen Ereignisse zeigen, hat dieser Schritt nicht zum Ziel geführt. Im Gegenteil: Wir wurden durch den Beschuldigten getäuscht.
Die Vorgeschichte:
- Vergangene Woche wurde durch Medienberichte publik, dass auf dem Hof eines Pferdezüchters in Hefenhofen (TG) Pferde verendet waren.
- Eine am Freitag eingesetzte Task Force beschloss am Montag, so rasch als möglich einzuschreiten. Am Dienstagmorgen war bereits der gesamte Hof abgeriegelt.
- Gegen den 49-jährigen Pferdezüchter sprach das kantonale Veterinäramt ein sofortiges Tierhalteverbot aus.
Brisant ist: Auch das Verteidigungsdepartement VBS gehörte früher zu den Kunden des Pferdehändlers. Es kündigte die Zusammenarbeit aber auf und schrieb 2008 in einem Gutachten von «vielfachen Verstössen gegen das Tierschutzgesetz». Das VBS bestätigt heute gegenüber SRF News, man habe die Thurgauer Behörden – konkret das Veterinäramt – bereits 2005 auf die Missstände auf dem Hof hingewiesen.
FDP-Regierungsrat Schönholzer weist den Vorwurf ans VBS zurück. Es sei genau umgekehrt gewesen: «Das Thurgauer Veterinäramt hat dem Bund angezeigt, dass es hier zu Tierhalteverstössen kommt.» Es steht also Aussage gegen Aussage – damals ohne Folgen für den Tierhändler.
Weitere Ungereimtheiten
Ab 2009 durfte der Mann nur noch 60 Pferde auf seinem Hof halten. Doch bei der Räumung anfangs Woche wurden 93 Tiere beschlagnahmt. Dutzende weitere Tiere werden momentan in anderen Kantonen vermutet: «Wir fragen uns, was die Lieferanten und Abnehmer dieses Händlers gewusst und gesehen haben. Wir sind gespannt auf die Ermittlungen», sagt Schönholzer.
Doch diese Angaben sollten auch aus den kantonalen Kontrollbüchern des Thurgauer Landwirtschaftsamtes herauszulesen sein, wurde doch der Hof in den letzten Monaten mindestens viermal kontrolliert. Zu dieser Ungereimtheit sagt Schönholzer: «Auch das ist Gegenstand der Untersuchungen. (Das Landwirtschaftsamt) ist in den laufenden Verfahren mitinvolviert.»
Schönholzer nimmt Kantonstierarzt in Schutz
Viele Fragen sind also offen: Wie viele Pferde sind weiter betroffen und wo befinden sie sich? Und: Welche Konsequenzen hat der Fall politisch? Schönholzer sagt dazu: «Zusammen mit den zuständigen Amtsstellen sowie mit der von mir einberufenen Task Force werde ich diesen wohl schweizweit einzigartigen und extremen Fall genau analysieren.» Es gehe aber in erster Linie um konkrete sachliche Massnahmen und nicht um personelle Konsequenzen, so der Regierungsrat.
Der Regierungsrat stellt sich damit vor seinen Kantonstierarzt, gegen den gestern eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs eingereicht wurde. Ausserdem sind mehrere Vorstösse und eine Initiative angekündigt. Der Fall ist mit der Räumung des Hofes noch lange nicht von Tisch.