- Jedes Jahr sterben tausende Fische in den Turbinen der Schweizer Wasserkraftwerke.
- Dieser Missstand muss gemäss revidiertem Gewässerschutzgesetz bis 2030 behoben sein.
- Die Kraftwerke fischsicher zu machen dürfte 4 bis 5 Milliarden Franken kosten.
- Der Bund rechnete bei der Revision des Gesetzes mit viel tieferen Kosten. Jetzt klafft in der Sanierungskasse ein Milliardenloch.
«Es ist ein Massaker. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird der Aal in den nächsten Jahren ausgestorben sein», warnt Philipp Sicher vom Schweizer Fischerei-Verband. Der Geschäftsführer kritisiert, dass jedes Jahr tausende Aale und andere wandernde Fische in den Schweizer Wasserkraftwerken regelrecht geschnetzelt werden. Weil viele Kraftwerke keinen Fischabstieg haben, bleibt den Fischen nur der Weg durch die Turbinen hindurch.
Gemäss revidiertem Gewässerschutzgesetz muss dieser Missstand bis ins Jahr 2030 behoben sein. Bis dann müssen über 1000 Schweizer Wasserkraftwerke umfassend ökologisch saniert und fischfreundlicher werden. Ein Milliardenprojekt.
Der Bund hat mit viel tieferen Kosten gerechnet
«Fünf Milliarden Franken. Das ist völlig unverhältnismässig. Das ist gleichviel Geld, wie die ganze Landesverteidigung ein Jahr lang kostet», sagt Albert Rösti in der «Rundschau».
Der SVP-Nationalrat ist Präsident des schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes. Rösti wehrt sich dagegen, für die Umsetzung des Gesetzes weitere Gelder zu sprechen.
Das Parlament habe bei der Verabschiedung eine Milliarde Franken bewilligt und dieser Betrag müsse reichen. «Auch eine Milliarde ist bereits sehr viel Geld», so Rösti weiter. Damit könne man viel erreichen. Man müsse bei der Umsetzung Augenmass bewahren.
Der Bund räumt Mehrkosten ein
Wie Recherchen der «Rundschau» zeigen, rechnet auch der Bund intern mit sehr hohen Kosten. Das zuständige Bundesamt für Umwelt (Bafu) wollte nur schriftlich Stellung nehmen.
Das Amt schreibt, die Kantone hätten viel mehr Sanierungsbedarf geltend gemacht, als angenommen. «Durch diese Planungen wurde festgestellt, dass viel mehr Anlagen sanierungspflichtig sind, als während der parlamentarischen Debatte angenommen», so das Bundesamt. Deshalb sei auch die damalige Kostenschätzung überholt: «In diesem Zusammenhang muss ebenfalls die bis anhin angenommene eine Milliarde Franken in Frage gestellt werden. Aufgrund aktueller Kenntnisse ist davon auszugehen, dass sie nicht ausreichen wird, um alle erforderlichen Sanierungsmassnahmen umzusetzen.»
Milliardenloch in der Sanierungskasse
Bei der Revision des Gesetzes im Jahr 2008 war der Bund noch von Kosten von einer Milliarde Franken ausgegangen.
Jetzt warnt der Fischerei-Verband vor einem Milliardenloch in der Sanierungskasse: «Hochgerechnet auf die ganze Schweiz rechnen wir heute mit Gesamtkosten von vier bis fünf Milliarden Franken», so Philipp Sicher. Die für die Umsetzung geplante Milliarde Franken werde «bei weitem» nicht für alle sanierungspflichtigen Anlagen reichen. Der Verband ruft deshalb die Politik auf, die nötigen Mittel für die Umsetzung des Gesetzes massiv zu erhöhen.