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Urteil im Prozess gegen einen Grenzwächter
Aus Rendez-vous vom 07.12.2017. Bild: Keystone
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Totgeburt bei Rückschaffung «Wir bilden Grenzwächter vertiefter in Gesprächsführung aus»

Bestimmte Ausbildungsmodule wurden angepasst. Das sagt Pia Andrea Elia, Ausbildungschefin beim Grenzwachtkorps. Dies schon vor dem Urteil gegen einen Teamleiter. Während dessen Dienst hatte eine syrische Schwangere eine Totgeburt erlitten.

SRF News: Sieben Monate bedingt und eine bedingte Geldstrafe, so lautet das Gerichtsurteil im Falle der Totgeburt von Brig. Welche Lehren zieht das Grenzwachtkorps aus dem Fall? Wird die Ausbildung angepasst?

Pia Andrea Elia, Ausbildungschefin des Grenzwachtkorps: Das Anpassen der Ausbildung ist bei uns im Grenzwachtkorps ein ständiger Prozess. Beim Thema Migration beispielsweise, das uns in den letzten Jahren auch vermehrt beeinflusst hat, haben wir verschiedene Anpassungen gemacht. So bilden wir unsere Grenzwächter im Bereich Gesprächsführung jetzt noch vertiefter aus, und wir haben das Thema interkulturelle Kompetenz in unsere Ausbildungsmodule eingebettet.

Was machen die Grenzwächter, wenn Menschen an der Grenze ankommen, die keine der Sprachen verstehen, die diese sprechen?

Das ist eine wichtige Frage. Das ist eine Situation, die immer wieder vorkommen kann. Wir versuchen in solchen Fällen, die nonverbale Kommunikation zu stärken, auf die Reisenden zuzugehen und die verschiedenen Hilfeleistungen zu nutzen: zum Beispiel ein Sprachdienst oder ein Kollege, der aushelfen kann, damit die Kommunikation in irgendeiner Form möglich ist.

Verhältnismässigkeit ist das Grundprinzip des Handelns eines Grenzwächters. Damit ist er jeden Tag konfrontiert.

Verhältnismässigkeit war ein Thema bei dem Prozess. Doch wie lernt man, verhältnismässig zu handeln? Kann man das überhaupt lernen?

Verhältnismässigkeit ist das Grundprinzip des Handelns eines Grenzwächters. Damit ist er jeden Tag konfrontiert. Verhältnismässigkeit ist deshalb auch in unserer Ausbildung allgegenwärtig. Wenn Frau Meier mit drei Kilogramm Fleisch zu viel an der Grenze vorbeifährt und kontrolliert wird, wird sie einen Zoll darauf zahlen müssen, aber sie wird wegen dieser Tatsache sicher nicht festgenommen.

Kontrollieren Sie, wie die Leute nach der Ausbildung im Feld funktionieren?

Die Ausbildung erfolgt einerseits mit theoretischen Grundlagen, aber der grössere Teil ist die praktische Anwendung. Dort werden die Grundauszubildenen von Coaches begleitet, die jeweils nach entstandenen Situationen diese mit ihnen besprechen und anschauen, was gut gelaufen ist und was man verbessern könnte. Das ist ein laufender Prozess und das Verhalten ändert sich auch mit der Erfahrung.

Sobald sie in eine Situation kommen, in der sie feststellen, dass eine Person Erste Hilfe braucht, werden sie diese anbieten.

Wann müssen Grenzwächter Erste Hilfe leisten?

Alle Grenzwächter bringen eine Sanitätsgrundausbildung mit. Diese wird auch in den Folgejahren in der Weiterbildung immer wieder thematisiert. Das bedeutet, wenn sie feststellen, dass eine Person Erste Hilfe braucht, werden sie diese anbieten. Im Zweifelsfall werden sie auch entsprechende externe Hilfe anfordern.

Es kommt vor, dass Migranten, die befürchten zurückgeschafft zu werden, manchmal einen kritischen Gesundheitszustand vortäuschen. Wie lernen die Grenzwächter, zwischen Simulation und Ernstfall zu unterscheiden?

Die Ausbildung der Grenzwächter erfolgt vor allem in der Anwendung von praktischen Situationen. Dabei trainieren wir, wie das Verhalten sein kann. Es ist aber wichtig, zu wissen, dass es in der Realität oftmals nicht ganz so einfach ist, auch weil nicht immer alle Informationen zur Verfügung stehen. Im Zweifelsfall gilt es also immer, im Sinne des Reisenden zu handeln und Erste Hilfe anzubieten.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

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