Von wem stammt das Geld, mit dem Politiker, Parteien und Komitees ihre politischen Tätigkeiten finanzieren? Transparenz dazu gibt es bisher nur in wenigen Kantonen. Auf nationaler Ebene wird die Forderung seit Jahren bekämpft – trotz internationaler Kritik.
Transparenz ab 1 Franken
Mit dem Ja zur Juso-Initiative schreibt Schaffhausen als sechster Kanton eine Transparenz-Regelung in seine Verfassung. Genf, Neuenburg und Tessin haben bereits eine kantonale Regelung. In Freiburg und Schwyz sind solche in Ausarbeitung, nachdem das Volk Juso-Initiativen ebenfalls zugestimmt hatte.
In Schaffhausen müssen Firmenspenden neu ab dem ersten Franken offengelegt werden, private Spenden ab 3000 Franken. «In der Schweiz machen die Bürger Politik. Wenn Firmen politisch Einfluss nehmen, dann sollen sie klar deklarieren, welche Interessen sie haben», argumentiert einer der Initianten, Juso-Kantonsrat Stefan Lacher.
Kritiker befürchten Pranger
Die Gegner sprachen im Schaffhauser Abstimmungskampf von einem Pranger. «Gewerbetreibende, die sich politisch engagieren, müssen immer mehr befürchten, dass sie damit auch Kundschaft verlieren», sagt Marcel Fringer, Präsident des Gewerbeverbandes Schaffhausen.
Er zweifelt zudem an der Wirkung der Transparenz-Regelung. «Ich befürchte, Kosten und Personalaufwand für die nötigen Kontrollen werden in keinem Verhältnis stehen zum Transparenzgewinn», so Fringer. Er plädiert daher für eine pragmatische, möglichst massvolle Umsetzung durch die Regierung.
Rückenwind für Transparenz-Initiative
Stefan Lacher dagegen hofft auf die Signalwirkung seiner Initiative für den Rest der Schweiz. «Wenn der konservative Kanton Schaffhausen Ja sagt, zu einer recht weit gehenden Transparenz-Regelung, dann bin ich überzeugt, dass es auch schweizweit eine Mehrheit geben wird zu einer moderateren Lösung, wie sie die Transparenz-Initiative vorschlägt.»
Die von SP, Grünen, BDP und EVP eingereichte Transparenz-Initiative auf Bundesebene fordert die Offenlegung von Parteien- und Komitee-Spenden ab 10'000 Franken. SVP, FDP und CVP haben bisher alle Vorstösse für die Offenlegung von Partei- und Komiteefinanzen erfolgreich abgewehrt.
Schwierige Suche nach Gegenvorschlag
CVP-Nationalrätin Marianne Binder-Keller warnt vor den negativen Folgen einer nationalen Transparenzregelung: «Das Schweizer Milizsystem kennt keine staatliche Parteienfinanzierung. Die Haupteinnahmequelle von Politikern stammt aus privaten Zuwendungen. Wir müssen uns fragen, wie wir dieses System aufrechterhalten können, wenn durch eine Transparenz-Regelung Private vor Spenden zurückschrecken.»
Nach den erfolgreichen Juso-Initiativen in Schwyz, Freiburg und Schaffhausen sucht man in Bundesbern jetzt nach einer mehrheitsfähigen Kompromisslösung. Der Ständerat beschloss einen indirekten Gegenvorschlag, nach dem Spenden erst ab 25'000 Franken offengelegt werden müssten. Doch das geht den Initiantinnen zu wenig weit.
«Damit wären die Umgehungsmöglichkeiten riesig. Zudem gibt es kaum Spenden über 25'000 Franken», sagt SP-Nationalrätin Nadine Masshardt. Damit würde der Wille der Initiative nicht umgesetzt. Und es entspreche auch nicht dem Wunsch des Volkes. «Dies zeigt der Erfolg der Juso-Initiativen in den Kantonen».
Am Zug ist jetzt die staatspolitische Kommission des Nationalrates. Es ist jedoch fraglich, ob ein Gegenvorschlag möglich ist, der beide Seiten befriedigt. So dürfte schon bald das Volk auch auf Bundesebene das letzte Wort haben.
Sendebezug: «10vor10», 10.02.2020