Es klang harmlos, als vor vier Jahren eine kleine Zürcher Firma bei den Bundesbehörden in Bern vorstellig wurde: Die «Biostrom International AG» bat um eine Bewilligung für den Export von fünf deutschen Werkzeugmaschinen nach Russland – an einen Stahlkonzern im Ural-Gebirge.
Prüfung durch EDA und Nachrichtendienst
Es ging um hochpräzise Maschinen, mit denen sich auch Waffen fertigen lassen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco schaltete deshalb das Aussendepartement EDA und den Nachrichtendienst des Bundes für genauere Abklärungen ein. Auf Anfrage von Radio SRF schreibt das Seco heute: «Diese Überprüfung ergab keine Hinweise auf eine militärische Verwendung dieser Güter.»
Das Seco gab deshalb Ende 2015 grünes Licht für den Handel, die Maschinen gingen nach Russland. Zweifel kamen erst später auf: Zunächst weil sich die Firma «Biostrom International AG» nicht an die Bewilligungsauflagen hielt: Sie konnte dem Seco nicht verlässlich bestätigen, dass die Maschinen beim Stahlkonzern im Ural installiert sind und nirgendwo sonst.
Zwei Maschinen landeten bei Rüstungskonzern
Definitiv alarmiert war das Seco letztes Jahr, als es einen brisanten Hinweis eines Informanten erhielt: Mindestens zwei der fünf Hochpräzisionsmaschinen sind demnach nicht beim unverdächtigen Stahlkonzern im Einsatz, sondern bei einer Firma namens «JSC Prommekhanika». Und diese Firma ist laut Erkenntnissen des Seco eine Rüstungsfirma.
Man habe sofort gehandelt, schreibt das Seco in seiner Stellungahme zu den Recherchen von Radio SRF: «Aufgrund der Nichteinhaltung der Bewilligungsauflagen und des militärischen Charakters dieser neuen Firma erstattete das Seco umgehend eine Anzeige an die Bundesanwaltschaft.»
Russe stritt vorsätzliche Täuschung ab
In den Fokus der Bundesanwaltschaft geriet der technische Direktor der Zürcher «Biostrom International AG». Der russische Staatsbürger aber stritt in seiner Einvernahme ab, die Behörden getäuscht zu haben: Er habe nicht gewusst, dass die Maschinen in Russland an eine andere Firma übergeben worden seien, wird der Mann in einer Verfügung der Bundesanwaltschaft zitiert, die Radio SRF vorliegt.
Die Ermittler glaubten dem Mann in diesem Punkt. Strafbar gemacht hat er sich laut Bundesanwaltschaft aber trotzdem, weil er sich nicht an die Bewilligungsauflagen gehalten hatte.
Geldstrafe von 60 Tagessätzen
Im anonymisierten Strafbefehl nennt die Bundesanwaltschaft den technischen Direktor «A». So habe «A» dem Seco falsche Informationen zukommen lassen: «Dies nahm A. zumindest billigend in Kauf (...).»
Die Bundesanwaltschaft belegte den Mann Ende Januar mit einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen. Seit kurzem ist der Strafbefehl rechtskräftig. Weder der Verurteilte noch die zwei ebenfalls russischen Verwaltungsräte der «Biostrom International AG» haben auf Anfrage von Radio SRF reagiert.
Einsatz für Sturmgewehr-Produktion vermutet
Hochpräzisionsmaschinen gelangten also über die Schweiz an eine russische Rüstungsfirma. Offen ist, was die Firma mit den Maschinen dort herstellt. Das Seco vermutete letztes Jahr gestützt auf einen Informanten, dass es um die Herstellung eines bestimmten Sturmgewehrs geht.
Die Bundesanwaltschaft ging diesem Verdacht ebenfalls nach, stellte das Verfahren aber Anfang Jahr ergebnislos ein. Die ganz genauen Umstände bleiben somit ungeklärt.