- Paradigmenwechsel am WEF: Donald Trump erteilt der Globalisierung eine Absage und setzt stattdessen auf eine Abschottung der US-Märkte.
- Trumps Protektionismus setzt die restliche Welt und auch die Schweiz unter Zugzwang.
- Welche Wirtschaftspolitik sich vor diesem Hintergrund für die Schweiz anbietet, war Gegenstand der «Arena».
Lange dauerte er nicht, Donald Trumps Aufenthalt in der Schweiz. Doch - auch wenn der US-Präsident nach seinem Besuch am WEF schon längst wieder über den Ozean entschwunden ist, so hat er doch eines gewiss hinterlassen: das Bedürfnis über ihn und seine Ideen zu diskutieren.
Vier Gäste haben sich in der «Arena» eingefunden, um folgende Fragen zu besprechen: Was bedeutet Trumps Besuch für die Schweiz? Kann Abschottung eine Alternative zum globalen Freihandel sein? Und welcher Wirtschaftspolitik soll sich die Schweiz künftig verschreiben?
Eine Frage des Anstandes
Juso-Präsidentin Tamara Funiciello echauffiert sich zunächst darüber, dass man Trump überhaupt empfangen hat. Entsprechend gestört hat sie sich auch an der breiten Berichterstattung: «Ich finde es peinlich, wie über Trump berichtet wird. Als hätte man eine Amnesie darüber gelegt, was Trump im letzten Jahr gemacht hat: die Klimaerwärmung geleugnet, die Lebensgrundlage von 800'000 in Frage gestellt und die Gewalt an Frauen legitimiert.»
Nationalrärtin Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP/BL) ist anderer Meinung: «Zu unseren Werten gehört, dass wir den mächtigsten Mann mit Anstand empfangen, man kann von ihm halten was man will. Für die Wirtschaft ist das eine Riesenchance, dass wir auf dem Radar der USA sind, und sich Trump für Gespräche zur Verfügung stellt.»
Auch Nationalrat Claudio Zanetti (SVP/ZH) ist froh, dass die Schweiz Donald Trump empfangen hat. Er sei schliesslich demokratisch gewählter US-Präsident. Und statt sich über dessen Besuch zu ärgern, möge man die weltweite Wirkung würdigen, die sein Aufenthalt der Schweiz beschere.
«Switzerland first»?
Ökonom Klaus Wellershoff schlägt hingegen vor, Trumps wirtschaftliche Leistung zu prüfen. Dabei fällt sein Urteil vernichtend aus: Der US-Präsident «macht Amerika klein». Er habe «dem Multilateralismus eine klare Absage erteilt.» Mit schwerwiegender Konsequenz: «Die Defizite sind rekordhoch. In der Staatsverschuldung haben die USA Europa überholt.»
Als Wellershoff betont, dass der Freihandel - den Trump ablehnt - allen zugute kommt, lockt er Juso-Präsidentin Tamara Funiciello aus der Reserve: Es stimme zwar, dass die Globalisierung mehr Wohlstand gebracht hat. Aber dieser sei sehr ungerecht verteilt.
Nationalrat Claudio Zanetti (SVP/ZH) zeigt sich im Grundsatz offen für Trumps protektionistische Politik. Doch er münzt den globalen Ansatz in eine bilateralen Strategie um: «Was in der EU abgeht, ist viel protektionistischer.» Und weil der Bundesrat etwas anderes sage, brauche es die SVP, die eindeutig Position bezieht: «Switzerland first». Die Umsetzung der Zuwanderungsinitiative vor Augen führt er aus: «Unser Recht ist für den Bundesrat nachrangig. Wenn der Bundesrat fremdes Recht als Mehrwert sieht, stellt er das eigene Land zurück.»
Ein «Switzerland first» nach dem Rezept der SVP hält Nationalrätin Schneider-Schneiter für ineffektiv und hinderlich: «Mit eurer Initiative werft ihr den Menschen Knebel zwischen die Beine.» In den vielen global tätigen Schweizer Unternehmen seien die Drittstaatenkontingente seit Langem erschöpft. Wie sollten die Unternehmen da noch konkurrenzfähig sein?
Die falsche Frage gestellt
Ähnlich wie die Vereinigten Staaten einen Steuerwettbewerb lancieren, verfolgt auch die Schweiz eine vergleichbare Politik - und zwar international wie interkantonal. Während die einen Studiogäste diese Strategie feiern, stossen sich die anderen daran.
Nationalrätin Schneider-Schneiter: «Ich will diesen Steuerwettbewerb aufrecht erhalten, denn er belebt.» Demgegenüber verweist Juso-Präsidentin Funiciello auf heikle Erfahrungen in der Zentralschweiz: «Wir haben in Luzern gesehen, was passiert, wenn man die Steuern senkt. Die Kinder gehen eine Woche weniger zur Schule, weil man sich in der reichen Schweiz nicht mehr leisten kann, die Schulen so lange offen zu haben.»
Beide Damen würden den falschen Ansatz wählen, wirft Ökonom Wellershoff in die Runde: «Die Frage ist nicht, wieviel Steuern wir erheben, sondern welche Steuern.» Es gäbe eben die Überzeugung, dass man ein Steuersystem ändern müsse, das ausländische Firmen gegenüber inländischen bevorzuge.