Touren im Schnee sind beliebt. Seit der Pandemie sogar noch beliebter als zuvor. Wenn dabei jedoch eine Lawine ausgelöst wird und diese jemanden begräbt, dann zählt jede Minute. Deshalb ist es nicht nur wichtig, die passende Ausrüstung dabei zu haben, sondern auch zu üben, wie man damit umgeht.
Mittlerweile gibt es darum in 27 Schweizer Skigebieten Lawinen-Trainingscenter. Das neuste ist im Kanton Glarus aufgebaut: Auf dem Grotzenbüel in Braunwald ist in einem Hang eine Fläche von rund 80 auf 100 Meter mit einem schwarz-gelben Band abgesperrt.
Wer sich abseits der Pisten und Wege bewege, sollte über die Lawinensituation informiert sein und richtig handeln können, sagt vor Ort auf dem neusten Trainingsgelände in Braunwald der erfahrene Bergführer Richard Bolt. Das Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS) unter der Jacke, eine Lawinen-Sonde und eine Schaufel im Rucksack – mit dieser Sicherheitsgrundausrüstung erklärt er, wie das Üben funktioniert.
Die ersten 15 Minuten sind entscheidend.
Ganz unten am Hang steht eine Tafel. Darauf wird der Trainingsablauf erklärt. Per Knopfdruck wählt Richard Bolt aus, wie viele Verschüttete er suchen möchte und setzt sich dabei auch gleich ein Zeitlimit: Zehn Minuten für zwei Verschüttete. Auf dem abgesperrten Gelände sind fünf Sender vergraben, zwei davon aktiviert Richard Bolt. Über Funkfrequenz nimmt sein Suchgerät die Verbindung zu diesen beiden Sendern auf.
Der Kampf gegen die Zeit
Richard Bolt eilt los und ortet nach knapp zwei Minuten das erste fiktive Opfer und nach weiteren drei Minuten das zweite. Es wäre noch genug Zeit geblieben, um die beiden freizuschaufeln und vor dem Ersticken zu retten – ausser sie hätten sich bereits beim Aufprall tödlich verletzt.
Und das komme leider bei jedem fünften Lawinentoten vor. «Die ersten 15 Minuten sind entscheidend», sagt Richard Bolt. Die ersten fünf Minuten dürften fürs Suchen aufgewendet werden und der Rest fürs Ausgraben. Nach 15 Minuten nehme die Überlebenschance für den verschütteten Wintersportler mit jeder Sekunde ab.
Laut Statistik des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung sterben jedes Jahr 24 Menschen in der Schweiz in einer Lawine – in den allermeisten Fällen auf dem freien Gelände in den Bergen. Richard Bolt empfiehlt allen, die sich abseits der Pisten bewegen, ein Training zu absolvieren. Im Ernstfall kämen Überforderung und Stress hinzu und dann gehe zu viel Zeit verloren.