Das Wichtigste in Kürze
- 2004 haben 43 Prozent der Armeeangehörigen nach dem Ausscheiden aus der Armee ihre Waffe übernommen. Letztes Jahr waren es noch 11 Prozent.
- Hauptgrund für den markanten Rückgang dürften diverse Verschärfungen der letzten Jahre sein – etwa eine Kostenbeteiligung von 100 Franken.
- Der Rückgang birgt Zündstoff für die anstehende Debatte über die geplante Verschärfung des Schweizer Waffengesetzes.
Der Mythos, dass jeder Schweizer, der Militärdienst geleistet hat, seine Waffe nach dem Ausscheiden aus der Armee behält, ist endgültig verblasst.
Mir fehlt der Arm, wenn mir die Waffe fehlt.
Noch im Jahr 2004 haben 43 Prozent der entlassenen Armeeangehörigen ihre Waffe nach Hause genommen – also fast jeder Zweite. Das zeigen Zahlen, die das Verteidigungsdepartement auf Anfrage von Radio SRF herausgegeben hat. Beinahe 32'000 Sturmgewehre und Pistolen sind damals in einem einzigen Jahr vom Armee- in den Privatbesitz übergegangen.
Im letzten Jahr hingegen haben nur noch bescheidene 11 Prozent der Militärpflichtigen am Ende ihrer Dienstzeit die Waffe mitgenommen. Das heisst: nur noch einer von zehn Armeeangehörigen hat das Sturmgewehr 90, die Pistole 75 oder die Pistole 49 behalten. Nur gerade etwas mehr als 2500 Waffen sind nicht in den Zeughäusern der Armee geblieben.
Jakob Büchler, CVP-Nationalrat und Präsident des sanktgallischen Kantonalschützenverbandes, zeigt sich überrascht vom Ausmass des Rückgangs. Und er bedauert: «Da geht natürlich eine lange, lange Tradition verloren. Es war doch immer so, dass der Schweizer Soldat seine Waffe zuhause haben durfte, nachdem er seine Dienstzeit absolviert hatte. Das ist jetzt anders geworden. Aber, nun, dieses Geschehen kann man nicht ändern.»
Da geht natürlich eine lange, lange Tradition verloren.
Auch Priska Seiler Graf von der SP, die wie Büchler Mitglied der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats ist, hätte diese Entwicklung so nicht erwartet. Sie sagt: «Ich muss sagen, das überrascht mich. Aber das überrascht mich ausgesprochen positiv.» Umso mehr, als die Nachfrage von Privatpersonen nach Waffenerwerbsscheinen in letzter Zeit gewachsen sei: Immer mehr Leute bewaffnen sich privat. Das ist wie eine gegenläufige Bewegung.»
Der Hauptgrund: Verschärfungen
Dass die Attraktivität der Armeewaffe dermassen rapide abgenommen hat, führen beide Sicherheitspolitiker auf Verschärfungen zurück, die über die Jahre eingeführt worden sind.
Seit 2005 müssen Armeeangehörige, die ihre Waffe behalten wollen, einen Teil der Kosten übernehmen - 100 Franken fürs Sturmgewehr 90 zum Beispiel. Seit 2010 müssen Armeeangehörige innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Ausscheiden zwei Mal das Obligatorische und zwei Mal das Feldschiessen 300 Meter absolvieren, wenn man das Sturmgewehr nach Hause nehmen möchte.
«Die Kriterien sind sehr streng», sagt CVP-Nationalrat Büchler. «Unser Waffengesetz ist eines der strengsten Waffengesetze der ganzen Welt. Und wenn ich jetzt höre, was wieder für neue Auflagen kommen aus Brüssel, dann muss ich sagen: hier müssen wir politisch aktiv werden und dieses Waffengesetz nicht weiter verschärfen.»
Folgen für Debatte um EU-Waffenrichtlinie?
Büchler spricht die geplanten Anpassungen an eine neue Waffenrichtlinie der EU an, die der Bundesrat vor ein paar Tagen vorgelegt hat. Die SP ist für diese Verschärfungen.
Dass die neuen Zahlen aus dem VBS den Kritikern nun den Wind aus den Segeln nehmen, weil es gar nicht mehr so viele Armeewaffen zuhause gibt, glaubt SP-Nationalrätin Seiler Graf aber nicht: «In einer objektiven Argumentation würde das auf alle Fälle helfen. Ich befürchte aber, dass diese Diskussion alles andere als objektiv sein wird. Sie wird sehr emotional geführt werden. Es geht schlussendlich den Gegnerinnen und Gegnern um Schengen. Und das wird eine sehr schwierige Diskussion werden.»
Denn das Schengen-Abkommen mit der EU würde in Frage gestellt, sollte die Schweiz die Verschärfungen aus der EU-Waffenrichtlinie nicht übernehmen, was sich EU-kritische Kreise wünschen.