Das Wichtigste in Kürze:
- 2008 hat der Bund 13 Umweltziele für die Schweizer Landwirtschaft formuliert – davon war bis letztes Jahr kein einziges erreicht.
- Die Ziellücke ist aber nirgends so gross wie beim Ammoniakausstoss.
- Fast doppelt so viel schädliche Gase aus Gülle und Mist wie angestrebt gelangen noch immer in die Luft.
- Trotz Anstrengungen sind in den vergangenen 15 Jahren kaum Verbesserungen erreicht worden.
18'000 Legehühner und zwei, drei verirrte Hähne picken, scharren, gackern auf dem Betrieb von Urs Steiner im luzernischen Dagmersellen. Das Kleinvieh legt in seinem gut einjährigen Leben rund fünfeinhalb Millionen Eier – macht dabei aber auch ziemlich viel Mist. «Das sind etwa geschätzte 500, 550 Kubikmeter Mist», sagt Steiner. Im Originalzustand eine feuchte, stinkende Masse. «Wenn dieser lange offen nass herumliegt, dann gärt er. Und immer, wenn Luft darüberstreicht, wird wieder frischer Ammoniak freigesetzt.»
Ammoniakgas ist eine unerwünschte Begleiterscheinung der Tierhaltung. Das Ammoniakgas übersäuert Wälder, Moore und Magerwiesen. Fast 50'000 Tonnen Ammoniak gelangen in der Schweiz jedes Jahr in die Luft – vor allem aus der Rindvieh- und der Schweinemast, aber eben auch von Geflügelfarmen.
Allerdings: Nicht mehr sehr viel aus dem Betrieb Urs Steiners. «Hier sehen wir, wie der Mist rauskommt, von diesen weissen Bändern runterfällt und auf die schwarzen Transportbänder geht – und danach auf den Misttrockner. Auf der rechten Seite haben wir die Ventilatoren, wo ihre Luft nachher in den Druckkanal vom Trockner reinbläst, damit der Mist trocknen kann.»
Das sind etwa geschätzte 500, 550 Kubikmeter Mist.
Förderbänder bringen den Mist zügig weg, es folgen Sprinkler und Hygienisierer, Magnetabscheider, eine Trocknungsanlage und schliesslich eine Pellet-Presse, die fast geruchlosen Hühnermist-Dünger ausspuckt. «Sobald dieser abgekühlt und verschlossen in den Säcken ist, riecht das nicht mehr nach Mist», sagt Steiner.
Nur ein Grossbetrieb kann sich eine solche Anlage leisten. Kommt hinzu, dass technische Lösungen für das Ammoniakproblem in einem Hühnerstall zwar relativ einfach sind, beim Rindvieh – das Dreiviertel des gesamten Ammoniaks ausstösst – ist das aber sehr kompliziert.
Ja, wir haben ein grosses Ammoniakproblem in der Schweiz.
«Ja, wir haben ein grosses Ammoniakproblem in der Schweiz», sagt Christine Zundel vom Bundesamt für Landwirtschaft und erklärt weiter: «Unsere Emissionen sind etwa doppelt so hoch wie sie maximal sein dürften, damit die Ökosysteme das langfristig auch aushalten.»
Schneller Harnabfluss in Schweine- und Kuhställen, eine gute Abdeckung der Jauchegruben und bessere Technologien beim Ausbringen der Gülle helfen zwar, aber wirklich nachhaltig wäre nur ein kleinerer Nutztierbestand, sagt Zundel. Und: ein geringerer Fleischkonsum. «Das würde einen grossen Beitrag leisten, um diese Emissionen zu senken», sagt sie.
Man fährt von Behördenseite nur immer die Schiene von möglichst wenig Tieren, dann haben wir keine Probleme.
Wenn weniger Fleisch gegessen würde, wäre das für Eierproduzent Steiner zwar nicht direkt ein Problem – der Rat aus der Amtsstube ärgert ihn trotzdem. «Man fährt von Behördenseite nur immer die Schiene von möglichst wenig Tieren, dann haben wir keine Probleme», sagt er.
Er versucht einen anderen Weg zu gehen: Möglichst umwelt- und tierfreundlich produzieren zwar, aber hoch technisiert und mit maximal vielen Tieren. 18'000 Legehennen – das ist in der Schweiz die oberste Grenze.