Gegen eine halbe Million Passagiere verkehren täglich am Zürcher Hauptbahnhof. Einige Pendlerinnen und Pendler spotten dabei über den grössten Bahnhof der Schweiz: Er sei eine «ewige Baustelle». Denn seit über vier Jahren wird rund um die Fahrgäste gehämmert, gebohrt und gesägt.
Marmorsäulen à la «dazumal»
Zum einen sanieren die SBB die historische Bahnhofshalle, in welcher der blaue Engel von der Decke hängt. Umgebaut wird auch jenes Gebäude, das der Bahnhofstrasse zugewandt ist. Der sogenannte Südtrakt ist über 150-jährig und benötigt eine Renovation.
Die Entstehung des Südtraktes
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Bild 1 von 5. Der Zürcher HB gehört zu den ältesten Bahnhöfen des Landes. Im Sommer 1847 fuhr die Spanisch-Brötli-Bahn als erste Eisenbahn der Schweiz von Zürich nach Baden (Bild von 1847). Bildquelle: SBB.
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Bild 2 von 5. In den 1870er-Jahren wichen die ersten Bauten einem Neubau, dem Südtrakt. Er war mit einem Triumphbogen zur damals neuen Bahnhofstrasse hin ausgerichtet (Bild von 1870). Bildquelle: SBB.
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Bild 3 von 5. Dieses Foto (von 1867) zeigt die Entstehung der historischen Bahnhofshalle. Die «Wannerhalle», benannt nach ihrem Architekten Jakob Friedrich Wanner, stellten die Bauarbeiter 1871 fertig. Bildquelle: SBB.
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Bild 4 von 5. Der Südtrakt war ein beliebter Treffpunkt für Reisende. Im Obergeschoss war die Verwaltung der Bahngesellschaft angesiedelt (Foto von 1900). Bildquelle: SBB.
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Bild 5 von 5. Blick auf den Bahnhofsplatz (Foto von 1886). Noch nicht zu sehen ist das Alfred-Escher-Denkmal. Es wurde 1889 zu Ehren des Eisenbahnunternehmers Alfred Escher aufgestellt. Bildquelle: SBB.
«Es wird eine Kombination geben zwischen alter Bausubstanz und modernen Einbauten», sagt Marc Brunkhorst. Er ist bei der SBB als Gesamtprojektleiter für den Umbau zuständig.
Gewisse Säulen wurden beispielsweise während früheren Renovationen immer wieder neu gestrichen. Denkmalpfleger haben die Farbschichten jetzt entfernt, sodass wie vor über einem Jahrhundert wieder Marmor sichtbar ist.
Die grösste Neuerung ist ein drittes Stockwerk. Es ist nur vom Südtrakt her sichtbar, nicht aber von der Strasse aus. Die Aufstockung war baulich anspruchsvoll: «Wir mussten dafür das Dach aufschneiden und entnehmen», sagt Gesamtprojektleiter Brunkhorst.
Während sich im zweiten Stockwerk Büros ansiedeln werden, ist das Obergeschoss fürs Gesundheitswesen vorgesehen. Die Notfallpraxis Permanence zieht ein. «Und auch die Apotheke und das Zahnmedizinzentrum wird Räumlichkeiten mieten», sagt Brunkhorst.
Die Mieterinnen und Mieter übernehmen den Südtrakt diesen Frühling. Die Eröffnung ist auf den Spätherbst hin geplant. Mit von der Partie wird auch ein Gourmet-Restaurant sein, weitere sind geplant.
«Der Hauptbahnhof wird etwas eleganter», sagt Alexis Leuthold. Der Leiter Bewirtschaftung von SBB Immobilien spricht von einem «würdigen Bahnhof». Ein Luxustempel entstehe nicht. «Aber der Bau soll so werden, wie es der grösste Bahnhof der Schweiz verdient hat.»
174 Millionen Franken kostet der gesamte Umbau, der 2018 begonnen hat. In einem ersten Schritt haben die SBB unter der historischen Bahnhofshalle eine Produktionsküche eingebaut. Sie beliefert einen grossen Teil der Restaurants und Take-aways. Später wurde die Sandsteinfassade saniert.
Schlussspurt bei den Bauarbeiten
Die Umbauarbeiten an einer solch zentralen Lage sind laut SBB bis heute eine Herausforderung. «Wir müssen unter anderem die Passantenströme gewährleisten», sagt Gesamtprojektleiter Marc Brunkhorst. «Die Logistik muss deshalb sehr straff organisiert sein». Von der Materiallieferung bis hin zur Verteilung über einen Kran ins Innere des Gebäudes: Alles ist zeitlich und örtlich streng geregelt.
Nun sind die Bauarbeiter im Schlussspurt. «Die Restaurierungsarbeiten sind fast abgeschlossen. Jetzt findet noch ein Feinschliff statt», sagt Brunkhorst. In wenigen Monaten werden die Mieter ihre Räume einrichten. Die «ewige Baustelle» dürfte dann spätestens mit der Eröffnung im Herbst 2023 Geschichte sein.