Auf Geheiss des Papstes führen Bistümer weltweit Umfragen durch. «Wir sind Ohr», versprechen auch die Bischöfe von Basel, St. Gallen und Chur. Das unabhängige Forschungsinstitut gfs.ch Bern veröffentlicht die Ergebnisse ihrer Befragung von 5400 Gläubigen im Bistum Basel. Die Quintessenz: Die Mehrheit der Gläubigen fühlt sich von der Institution Kirche weder gehört noch ernst genommen.
Nur in den kirchlichen Basisgruppen herrscht das Gefühl, wirklich gehört zu werden. In ihren Gebets- und Arbeitsgruppen könnten Menschen Kirche aktiv mitgestalten, sei das als Jugendliche in der Jubla, als Ministrantin oder als Erwachsene in Frauengruppe und Bibelkreis.
Je grösser aber der Abstand dieser Basisgruppen von der Kirchenhierarchie, desto weniger verstanden fühlen sich römisch-katholische Kirchenmitglieder. So meinen über 80 Prozent der im Bistum Basel Befragten, dass der Papst sie und ihre Art, Kirche zu sein, nicht verstehe.
Gfs.bern schreibt dazu: «dass man sich an der Basis gehört und verstanden fühlt, von der Amtskirche und geweihten Amtsträgern/der Kurie hingegen oftmals nicht. In den Augen vieler Dialogteilnehmerinnen und -Teilnehmer hat das auch mit den Strukturen der Kirche zu tun. Auch, dass Frauen weiterhin von wichtigen Rollen in der Kirche ausgeschlossen sind oder es in gewissen Themen einen «Reformstau» gibt, wird hier wiederholt kritisiert.»
«Eine Sprache wie im Mittelalter»
Die Mehrheit der Gläubigen stellt der Dialogfähigkeit ihrer Bischöfe und der Kurie in Rom ein schlechtes Zeugnis aus. Das liege auch an der «veralteten» Sprache in Liturgie und Kommunikation.
35 Prozent der Gläubigen gibt an, die Sprache in Gottesdienst und Verlautbarungen nicht zu verstehen. Das mag umso mehr schockieren, als es sich bei den Befragten um praktizierende Gläubige handelt. So scheitert der Dialog zwischen Klerikern und Kirchenvolk oft schon daran, dass man sich im wahrsten Wortsinn nicht versteht.
Kirche soll Menschen nicht ausschliessen
Nicht verstehen will die Mehrheit der Befragten, warum ihre Kirche bestimmte Menschen ausschliesst: Frauen von Ämtern, LGBTQI+, wiederverheiratete Geschiedene von der Eucharistie. Undogmatisch beantworten sie auch die Frage, wer eigentlich zur Kirche gehört, mit: «Alle!».
Die grosse Mehrheit der Gläubigen will eine Kirche, die offen ist für alle und keinerlei moralische Vorbedingungen an die Zugehörigkeit knüpft. Dabei ist die Mehrheit nicht unfromm. Dreiviertel der Befragten bauen ihr Leben auf christlichen Werten und Gebet.
Reformstau frustriert selbst treue Gläubige
Aber ein Drittel beklagt, müde zu sein und eigentlich nicht mehr an echten Dialog mit der Hierarchie zu glauben. Vorangegangene Umfragen (anlässlich der Weltjugendsynode 2018) stimmen nur ein Drittel optimistisch, diesmal wirklich in kirchliche Entscheidungen eingebunden zu werden.
Lob erhalten hingegen die vielen sozialen Angebote der römisch-katholischen Werke für Randständige und Hilfsbedürftige. Suppenküchen, Asylberatung, Armutsprävention und Hilfe für Marginalisierte ist 80 Prozent der befragten Kirchenmitglieder sogar zentral wichtig. In Freiwilligenarbeit (80 Prozent) und gemeinsamem Gebet (60 Prozent) erleben sie Kirche positiv.
Die Voten des Kirchenvolks sollen nun dem Papst übergeben werden. 2023 berät dann eine Weltbischofssynode in Rom, wie die römisch-katholische Kirche «synodaler» werden könnte, sprich: eine Kirche, in der alle gehört werden.