Am Anfang des Skandals am Opernhaus Zürich stand der überraschende Abgang des Operndirektors Michael Fichtenholz im Januar. Zeitungsberichte legten den Verdacht nahe, dass eine Untersuchung wegen Belästigung und Machtmissbrauch die Ursache des abrupten Abschieds war.
Die Details dazu sind immer noch nicht bekannt, eine externe Fachstelle kümmert sich um die Vorwürfe. Gleichzeitig wurde eine interne Umfrage durchgeführt, ob und wie häufig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter belästigt wurden oder Vorgesetzte ihre Macht missbrauchten.
Blicke, körperliche Übergriffe, Machtmissbrauch
Die Ergebnisse dieser Umfrage zeigen nun schonungslos, dass die Vorwürfe zu einem beträchtlichen Teil stimmen. Von rund 650 Mitarbeitenden (51 Prozent Männer, 49 Prozent Frauen), die an der Umfrage teilnahmen, geben 12 Prozent an, in den letzten drei Jahren Belästigung erlebt zu haben. Am häufigsten waren es verbale Belästigungen, gefolgt von Blicken und Gesten. Genannt wurden aber auch körperliche Übergriffe.
Der grösste Teil der Belästigungen wurde von Vorgesetzten ausgeübt, der Rest von Kolleginnen und Kollegen und von Gästen wie Dirigenten, Choreografen und Regisseuren.
Noch häufiger ist es am Zürcher Opernhaus zu Machtmissbrauch gekommen. Mehr als jeder vierte Mitarbeiter, jede vierte Mitarbeiterin wurde entweder schikaniert oder aber mit persönlichen Vorteilen bevorzugt. Auch hier waren häufig der oder die Vorgesetzte, aber auch Kolleginnen und Kollegen oder Gäste wie Regisseure, Choreografen und Dirigenten für die Tat verantwortlich.
Opernhaus erarbeitet Massnahmen
Man nehme die Ergebnisse dieser Umfrage sehr ernst, sagt Christian Berner, der kaufmännische Direktor des Zürcher Opernhauses. «Jeder Fall ist einer zu viel.» Erstaunt zeigt sich Berner, dass im Vorfeld so wenige Meldungen eingegangen sind. Denn das Opernhaus verfüge über Melde-Instrumente, die bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekannt seien.
Jeder Fall ist einer zu viel
Das Opernhaus werde diese Instrumente überprüfen, verspricht Berner und gemeinsam mit dem Personalrat Massnahmen erarbeiten, um Mitarbeitende und Künstlerinnen und Künstler vor Belästigung und Machtmissbrauch am Arbeitsplatz zu schützen. Zusätzlich sollen auch Führungs- und Kommunikationsschulungen, die wegen Corona unterbrochen wurden, fortgesetzt werden.
Trotz den Vorwürfen: Die Umfrage zeigt auch, dass 84 Prozent der Befragten gerne am Zürcher Opernhaus arbeitet. Für 88 Prozent ist die Arbeit gar mehr als nur ein Job. Und vier von fünf befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden das Opernhaus auch als Arbeitgeber weiterempfehlen.