Mit ihrem Parteiwechsel löste die Zürcher Kantonsrätin Isabel Garcia eine Empörungswelle aus. Nur elf Tage nach den Parlamentswahlen verliess sie die Grünliberalen und schloss sich der FDP an. In den sozialen Medien wird Garcia seither angefeindet, Strassenplakate betiteln sie als «Antidemokratin». Mit ihrem Vorgehen betrüge sie die Wählerinnen und Wähler, kritisieren politische Stimmen.
Jetzt soll ein Vorstoss im Zürcher Kantonsrat solche Parteiwechsel kurz nach den Wahlen verhindern. «Grundsätzlich geht es uns um Gerechtigkeit», sagt der Erstunterzeichner, EDU-Kantonsrat Hans Egli. «Denn in erster Linie hat die Partei den Sitz erobert und nicht die Person.»
Parteiwechsel als prägende Erfahrung
Der Vorstoss bezieht sich auf die Zeit zwischen der Wahl und dem Beginn der neuen Amtsperiode. Wechselt ein Kantonsrat oder eine Kantonsrätin während dieser Wochen das Lager, soll der Sitz bei der ehemaligen Partei bleiben.
Ein Ersatzkandidat oder eine Ersatzkandidatin würde nachrücken. Schon heute ist diese Praxis üblich: Wenn ein Kantonsrat oder eine Kantonsrätin beispielsweise vor Amtsantritt zurücktritt, stirbt oder den Wohnort wechselt.
Doch weshalb stammt der Vorstoss ausgerechnet von der EDU, die vom Fall Garcia indirekt profitiert? Durch ihren Wechsel gewinnt der bürgerliche Block der SVP, FDP, Mitte und EDU nämlich an Stärke. Die sogenannte Klima-Allianz aus SP, Grünen, Grünliberalen, EVP und der Alternativen Liste verliert ihre knappe Mehrheit. Es kommt neu zu einer Pattsituation.
Wir waren vor vier Jahren von einem ähnlichen Vorgehen betroffen.
Egli begründet den Vorstoss mit einer Erfahrung vor vier Jahren. Damals wechselte eine gewählte EDU-Politikerin drei Wochen nach den Wahlen zur SVP. «Schon damals fanden wir dieses Vorgehen falsch», sagt Egli. «Jetzt waren wir wieder mit der gleichen Frage konfrontiert.» Das Gefühl von Ungerechtigkeit sei geblieben.
Die Grünen sind skeptisch
Egli rechnet im Kantonsrat mit einer breiten Unterstützung. Schliesslich könne ein solcher Parteiwechsel jedes Lager treffen. Gerade die Grünen, die Isabel Garcia öffentlich stark kritisiert haben, zeigen sich jetzt aber skeptisch. «Grundsätzlich finde ich es zwar gut, wenn man über eine gesetzliche Regelung nachdenkt», sagt Selma L'Orange Seigo.
Wir wollen nicht in der Hitze des Gefechts einen Vorstoss basteln.
Doch die Co-Präsidentin der Grünen Kanton Zürich ist überzeugt, dass mehr Zeit und weitere Abklärungen nötig seien. «Der Vorstoss bezieht sich jetzt auf die Zeit vor Legislaturbeginn. Aber wenn jemand einen Tag später die Partei wechselt, haben wir wieder eine ähnliche Situation.» Hier müsse man sich in Ruhe eine sinnvolle Regelung überlegen.
Die Grünen werden den EDU-Vorschlag nun prüfen. Einen eigenen Vorstoss haben sie noch nicht lanciert. Für Selma L'Orange Seigo wäre dies «in der Hitze des Gefechts» der falsche Zeitpunkt.