- Rund 500 Menschen haben sich vor dem Basler Appellationsgericht zu einer Kundgebung gegen ein Berufungsurteil in einem Vergewaltigungs-Prozess versammelt.
- Die mündliche Urteilsbegründung habe eine Mitverantwortung des Vergewaltigungsopfers suggeriert, was nicht tolerierbar sei, so die Demonstrierenden.
- Die unbewilligte Kundgebung verlief friedlich.
Das Appellationsgericht hatte den von der Vorinstanz ausgesprochenen Schuldspruch wegen Vergewaltigung zwar bestätigt, das Strafmass gegen den Vergewaltiger aber massiv verringert. Die Freiheitsstrafe von 51 Monaten wurde zu einer teilbedingten Strafe von 36 Monaten reduziert. Dies hat zur Folge, dass der Verurteilte bereits kommende Woche freikommen wird.
Das Urteil hatte schweizweit Diskussionen ausgelöst. Am Donnerstag hatte das Gericht Stellung zu dem Urteil genommen. Offenbar seien zahlreiche Missverständnisse entstanden, teilte das Appellationsgericht mit. Es sei dem Gericht darum gegangen, die Sichtweise des Beschuldigten zu prüfen und «nicht darum, das Opfer zu disqualifizieren».
«Urteil suggeriert Mitverantwortung des Opfers»
Die Sprecherinnen der Kundgebung liessen sich durch die formaljuristische Stellungnahme nicht davon abbringen, das Urteil als «skandalös» und als «Armutszeugnis der Judikative» zu brandmarken. Die mündliche Urteilsbegründung habe eine Mitverantwortung des Vergewaltigungsopfers suggeriert, was nicht tolerierbar sei.
Scharf kritisierten die Sprecherinnen, dass die vorsitzende Gerichtspräsidentin die vergleichsweise kurze Dauer der Tat von elf Minuten als strafmildernd ausgelegt habe. Eine Vergewaltigung bleibe eine ungeheuerliche Tat, gleich wie lange sie dauere, sagte eine Sprecherin. Das Urteil ermutige Täter, Berufung einzulegen und schrecke Opfer davon ab, Anzeige zu erstatten.
Rücktritt der Richterin gefordert
Konkret forderten die Kundgebungs-Sprecherinnen den «sofortigen Rücktritt» der vorsitzenden Gerichtspräsidentin aus der FDP. Weiter forderten sie eine Schulung der Gerichtspersonen zu den psychosozialen Aspekten sexualisierter Gewalt und darüber hinaus eine Revision des Sexualstrafrechts.
Auf vielen Schildern von Teilnehmenden war der entsprechende Grundsatz «Nur Ja heisst Ja» zu lesen. Das zweitinstanzliche Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Basler Staatsanwaltschaft und das Opfer wollen das schriftliche Urteil abwarten und dann entscheiden, ob sie den Fall vors Bundesgericht weiterziehen.