Bei der FDP herrscht ein Hin- und Her. Nicht nur bei der aktuellen Diskussion um das Covid-Gesetz zeigt die Partei Uneinigkeit, auch bei den kantonalen Wahlen verliert die FDP Sitze. Fraktionspräsident Beat Walti nimmt Stellung.
SRF News: Der Bundesrat hat entschieden, die Terrassen ab dem 22. März zu öffnen, wenn die epidemiologische Lage das zulässt. Das reicht Ihnen nicht. Was wollen Sie?
Grundsätzlich begrüssen wir es, dass der Bundesrat Lockerungsschritte in Erwägung zieht. Die FDP ist aber für ein Ampelsystem. Also eine klare Ansage mit Parametern, auf welche sich der Bundesrat bei seinen Entscheidungen orientiert und bei welchem Verlauf dieser Messwerte die Anpassungen stattfinden würden. Das würde der Bevölkerung helfen, selbst motiviert die sinnvollen Massnahmen zu befolgen.
Ein Antrag aus Kommissionen des Nationalrats wollte die weitgehende Öffnung am 22. März ins COVID19-Gesetz verankern. Dazu sagte die FDP in der vorberatenden Kommission Ja, im Rat dann Nein. Das sieht nach Schlingerkurs aus?
Man muss die Entwicklungen aus der Vorgeschichte anschauen. Wir sind an einem Wendepunkt. Die Belastung in der Gesellschaft und der Wirtschaft nimmt zu und die Situation ist angespannt.
Sofort ziehen alle den Colt und es wird aus der Hüfte geschossen – in alle Richtungen.
Jetzt braucht es Verbindlichkeit. Normalerweise liegen zwischen solchen Entscheiden Wochen, das ist in so einer Situation nicht möglich, da jetzt gehandelt werden muss. Bei so einer Debatte ziehen sofort alle den Colt und es wird aus der Hüfte geschossen – in alle Richtungen. So kam es dann zu dieser Mehrheit.
Das eine war das Lockerungsdatum, man hat aber auch darüber diskutiert, der Wissenschaft einen Maulkorb anzulegen. Wie ordnen Sie diese beiden Entscheide der FDP ein?
Es hat viel mit der Rollensuche des Parlaments in einer Krisensituation zu tun. Nach Epidemiegesetz liegt die Hauptverantwortung beim Bundesrat, dieser führt schlussendlich aus. Das Parlament vertritt aber dennoch die Bevölkerung. Den Druck der Bevölkerung spürt das Parlament und es sucht entsprechend seine Rolle.
Es hat viel mit der Rollensuche des Parlaments in einer Krisensituation zu tun.
Deshalb halte ich es auch für normal, dass das Parlament bei der einen oder anderen Frage etwas angespannter wird. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir taugliche Entscheide treffen werden.
Es kommt viel Unmut seitens der SVP und FDP über den bundesrätlichen Kurs. Wie angespannt ist das Parteiverhältnis zu der FDP-Bundesrätin Karin Keller-Suter und zum Bundesrat Ignazio Cassis?
Das Verhältnis ist sehr gut. Unsere Partei ist ein grosser Anhänger vom Kollegialitäts-Prinzip. Unsere Bundesrätinnen und Bundesräte sind eigenständige Persönlichkeiten, welche nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden. Es gibt parteiintern eine permanente Diskussion über die richtige Vorgehensweise in dieser Krise.
Bezüglich der kantonalen Wahlen hat die FDP eine Niederlage nach der anderen zu verzeichnen. Was läuft falsch?
Wenn es eine einfache Antwort gäbe, gäbe es auch eine einfache Lösung. Wenn man das Gesamtbild anschaut und nicht nur die FDP, dann sind wir aber in einer strukturellen Veränderung seit einigen Jahren. Für uns stellt sich die Frage, wie wir an die Menschen kommen und wie wir unsere Ziele gut vermitteln können.
Das Interview führte Eveline Kobler.