Auffahrtstag, 9.30 Uhr an der Posthaltestelle in Schüpfheim LU. Der Bus 241 nach Sörenberg steht bereit. Die Sitze sind bereits bis auf den letzten Platz besetzt. Was in den nächsten drei Minuten bis zur Abfahrt geschieht, ist schier unglaublich. Tagesausflüglerinnen und Wanderer drängen sich beim Hintereingang in das Postauto – die Vordertüre ist aus Schutzmassnahme für den Fahrer geschlossen.
Die letzte Passagierin drängt sich um 9.33 Uhr ins Fahrzeug und schreit auf, als ihr Rucksack droht, von der schliessenden Tür von ihr getrennt zu werden und an der Haltestelle liegen zu bleiben. Nach dem Öffnen der Tür und einem weiteren Pressen der Mitpassagiere schafft es die Reisende doch noch in das Postauto und die heitere Fahrt geht los.
Schutzmaske dringend empfohlen
Der Autor erlebt die Szenerie live mit. Als ob es Corona nie gegeben hätte, tragen über die Hälfte der Passagiere keine Maske. Der Ellenbogen des Nachbarn im Nacken, verfasst er einen Tweet mit einem Bild der abstrusen Situation: «WTF. #SocialDistancing??? @PostAuto».
Die Antwort der Postauto AG lässt nicht lange auf sich warten: «Wir haben unsere Kurse, wo möglich, verstärkt. Es geht aber nicht ohne Mithilfe der Fahrgäste: Wenn die Distanz nicht eingehalten werden kann, empfehlen wir dringend, eine Schutzmaske zu tragen.»
Verantwortung delegiert
Auf Anfrage des Konsumentenmagazins «Espresso» von Radio SRF 1 bestätigt ein Postauto-Sprecher: «Wir sind auf die Mithilfe der Passagiere angewiesen.» Bei der Postauto AG halte man sich an die Weisungen des Bundesrates und empfehle dringend eine Maske zu tragen, wenn der Abstand nicht eingehalten werden könne.
Zudem empfehle der Bund noch immer, möglichst auf Ausflüge zu verzichten und nur dringend nötige Reisen zu unternehmen. Wo und welche Kurse auf den zu erwartenden Ansturm verstärkt wurden, lässt der Sprecher offen. Man habe das Konzept der Beiwagen zurückhaltend eingesetzt, da der Bund die Anweisung herausgegeben habe, möglichst auf Reisen zu verzichten.
Kein Maskenverkauf am Eingang
Dass die Postauto AG bei Mehraufkommen eine Schutzmaskenpflicht einführe und die Fahrer am Eingang Masken verkaufen, sei kein Thema. Maskenverkauf am Eingang sei nicht umsetzbar, so der Sprecher: «Zumal wir ja auch den Billetverkauf an der Türe ausgesetzt haben, um das Fahrpersonal zu schützen.»
Die Platzzahl zu beschränken sei ebenfalls schwierig, man habe eine Transportpflicht. Und dass die Fahrer quasi polizeiliche Aufgaben übernehmen, um den Abstand durchzusetzen, sei ihnen auch nicht zumutbar.
Gerade Risikogruppen werden so von der Postauto AG im Stich gelassen. Der Aufruf zur Solidarität und zum Maskentragen nützt ihnen nur bedingt, wenn sie an einem abgelegenen Ort nur eine Option haben: In ein überfülltes Postauto steigen mit Passagieren, die zur Hälfte keine Maske tragen. Entweder setzen sie sich einem erhöhten Risiko aus und quetschen sich zu den anderen Fahrgästen oder sie verlängern – unfreiwillig – ihre Wanderung und gehen zu Fuss.
Wie sich die Postauto AG auf das Pfingstwochenende mit angekündigtem schönem Wetter vorbereiten will, werde nun diskutiert.