Zweimal in der Woche telefoniert Ursula Prem aus St. Gallen mit Leuten, die sie bis vor kurzem noch gar nicht kannte. In der Telefonkette der 83-Jährigen sind sechs Männer und Frauen von Steckborn am Untersee über Amriswil bis St. Gallen. Sie alle sind alleinstehend, zum Teil wohnt die Familie weit weg.
Ältere Leute sind mit dieser Idee auf uns zugekommen.
«So hat man immer wieder neue Bekannte», sagt die Seniorin. Sie nutzt seit eineinhalb Jahren das Angebot Benephone, das von der Stiftung Benevol St. Gallen ins Leben gerufen wurde. Wer sich für die Telefonkette Benephone anmeldet, wird einer Gruppe zugeteilt. Diese organisiert sich dann selber.
Aktuell nutzen 23 Männer und Frauen das Angebot, heisst es bei der Stiftung Benevol St. Gallen. «Ältere Leute sind mit dieser Idee auf uns zugekommen», sagt von Men Spadin von Benevol. Daraufhin habe man es zuerst getestet. Seit einem Jahr gibt es das Benephone offiziell. Neben der Unterhaltung gehe es bei diesen Telefonketten auch um die Sicherheit.
Spass und Sicherheit zugleich
Bei der Telefonkette macht ein Teilnehmer oder eine Teilnehmerin den Anfang, dann wird der Kette entlang telefoniert, bis sie wieder beim ersten Anrufer ist. «So wissen wir, jetzt ist die Kette geschlossen, es sind alle hier, es geht uns gut», erzählt Ursula Prem. Jede Person, die ins Benephone einsteigt, hinterlegt die Notfallnummer einer angehörigen Person. Wenn die Seniorin oder der Senior zum abgemachten Telefontermin nicht erreicht werden kann, so darf die Teilnehmerin oder der Teilnehmer der Telefonkette diese Notfallnummer anrufen.
Er hatte den geplanten Anruf der Telefonkette einfach vergessen und war am Wandern.
«Solche Notfallkontakte sind auch schon zum Einsatz gekommen», sagt Men Spadin von Benevol. Einmal sei ein Teilnehmer vermisst worden. Der Sohn, welcher als Notfallkontakt angegeben war, konnte dann herausfinden, dass die Person die Telefonkette vergessen hatte und am Wandern war. «Aber es hat uns gezeigt, dass das System funktioniert», so Spadin.
Videotelefonie und reale Besuche
Worüber die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Telefonkette reden? «Wir reden viel über die Gesundheit, aber auch über Gott und die Welt», sagt Ursula Prim. So seien auch Freundschaften entstanden: «Ich gehe heute in zwei Wochen eine Dame besuchen, weil wir schon so viel miteinander geredet haben, uns aber noch nie gesehen haben.»
Ich hatte sie mir ganz anders vorgestellt.
Mittlerweile gibt es auch einen Stamm, an welchem sich Teilnehmende des Benephones physisch treffen. Ursula Prim war auch schon dort. Sie sei auch schon überrascht gewesen, wenn sie ein Gesicht zur Stimme gesehen habe. «Ich hatte sie mir ganz anders vorgestellt», erzählt die 83-Jährige. Mit einer Dame habe sie jetzt auch angefangen, Videotelefonie übers Handy zu machen, weil es einfach nochmals persönlicher sei.
Wie und wie oft die verschiedenen Telefonketten miteinander telefonieren, diesen Entscheid überlässt die Stiftung Benevol den Seniorinnen und Senioren. Hauptsache, die Leute hätten Freude.