«Sie bringen eine Vorlage vors Volk, die kein Mensch versteht, und die Bürger sollen Ja stimmen.» Damit konfrontiert Moderator Jonas Projer Finanzminister Ueli Maurer in der «Arena».
Dessen Antwort ist einfach: «Bei einem Ja haben wir Firmen in der Schweiz, die Steuern bezahlen und Arbeitsplätze schaffen. Bei einem Nein werden Firmen das Land verlassen. Es kommen keine neuen, ich bezahle mehr Steuern und meine Kinder haben keinen Job.»
Für eine so einfache Formel braucht es aber Vertrauen des Stimmvolks in Regierung und Parlament. Bei der zweiten USR wurde im Nachhinein bekannt, dass nicht richtig informiert worden war. Das hat auch das Bundesgericht bestätigt. Trotzdem meint Maurer, dass die USR II ein Erfolg war, denn wie angekündigt seien die Steuererträge gewachsen.
Zur Warnung von Alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, die im «Blick» erklärt hat, die USR III sei aus der Balance geraten, sagt Maurer: «Dieser einzelnen Meinung stehen viele gewichtige andere Meinungen gegenüber.»
Aber auch Anita Fetz vertraut dem Bundesrat bei dieser Vorlage nicht, denn das Parlament habe das «Fuder überladen».
Zurück an den Absender: Nachbessern! Es muss eine moderatere Vorlage geben.
Daniel Lampart führt das Kostenargument an: Die Vorlage komme absehbar auf über drei Milliarden Franken zu stehen – pro Haushalt seien das etwa 1000 Franken. Er kritisiert Maurers Argument, wonach bei einem Nein Firmen abwandern würden. «Bei einem Nein bleibt es einmal so wie es ist.»
Internationaler Druck auf die Schweiz
Die dritte Unternehmenssteuerreform vollziehe die Schweiz nicht ganz freiwillig, gibt Maurer zu bedenken. Als Mitglied der OECD sei die Schweiz dazu verpflichtet gewesen. Zudem wolle sie auch in Zukunft für Unternehmen attraktiv bleiben.
Fetz hält ihm aber entgegen, die Vorgaben der OECD hätten auch mit einer Reform erfüllt werden können, die weniger Risiken eingehe. Privilegierte Statusgesellschaften, die derart minimale Steuern bezahlten, seien einfach nicht fair – auch nicht gegenüber der Bevölkerung, betont Fetz.
Angst um den Standort Schweiz
Firmen verliessen die Schweiz nicht von heute auf morgen, sagt Petra Gössi. Aber sie bräuchten jetzt Rechtssicherheit, denn Forschung und Entwicklung, die man im Land behalten möchte, würde bereits ins Ausland verlegt.
So verlieren wir Innovationskraft.
Für Lampart sind Unternehmen aus einem wichtigen Grund in der Schweiz: wegen der Qualität und dem Service. «Da spielen unsere Arbeitnehmer in der Champions League». Steuern spielten für einen grossen Teil der Firmen keine Rolle.
Tiefere Gewinnsteuern in Kantonen
Die sinkenden Gewinnsteuern führen nach Ansicht von Lampart dazu, dass Kantone Finanzprobleme bekommen, wie das Luzern und Schwyz erleben.
Gössi hält dagegen, dass sich die Innerschweizer Kantone gerade wegen ihrer Steuerstrategie hätten wirtschaftlich hinaufarbeiten können. «Die heutigen Budgetprobleme gehen nicht auf die Steuerstrategie zurück, sondern auf den nationalen Finanzausgleich.»
Das bestätigt auch Maurer, denn von Kantonen, denen es gut gehe, profitiere die ganze Schweiz durch Zahlungen in den Finanzausgleich.
Lampart will nicht einsehen, warum Kantone Unternehmenssteuern senken wollten, wenn eine Firma – wie schon heute – ihre Gewinnsteuern bezahle und mit der Situation zufrieden sei.
Das ist zum Fenster rausgeworfenes Geld, das Private bezahlen werden müssen.
«Kein einziger Kanton plant deswegen eine Steuererhöhung für Privathaushalte», entgegnet Maurer. Das hätten ihm am Morgen die Regierungsräte in der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren bestätigt.
Steuern sparen mit der Patentbox
Bei der USR III werden Gewinne aus Patenten tiefer besteuert und die Kosten von Forschung und Entwicklung können mit bis zu 150 Prozent vom Gewinn abgezogen werden. Damit sei die Patentbox ein gutes Instrument der OECD und werde fast in allen Staaten eingeführt, sagt Mauer.
Gössi pflichtet ihm bei und ergänzt: Gerade weil die Kantone selber entscheiden könnten, welche Instrumente sie umsetzen wollten, sei die Vorlage in ihrer möglichen Spannweite der Ausgestaltung ein riesiger Vorteil.
Zinsbereinigte Gewinnsteuer
Der abstrakteste Teil der Vorlage ist die Gewinnsteuer, von der ein fiktiver Zinssatz auf dem Eigenkapital abgezogen werden kann.
Für Finanzminister Maurer ist es ein wichtiges Instrument der Reform. Alle grossen Länder setzten es im internationalen Steuerwettbewerb ebenfalls ein.
Gössi ist der Meinung, dass es sogar im allgemeinen Interesse ist, wenn sich Unternehmen nicht über Fremdkapital finanzieren und so verschulden müssen. Dank der USR III könnten sie Eigenkapital bilden und würden damit krisenresistenter.
Die letzte Frage:
Das sei ja nur nur gerade für 4000 Firmen in der Schweiz interessant und mehrheitlich nur für Finanzgesellschaften, entgegnet Fetz.
Ihm leuchte nicht ein, so Lampart, dass man bei Steuern eine fiktive Ausgabe abzuziehen dürfe, die man gar nicht gemacht habe.
Resonanz in den sozialen Medien
Um junge Erwachsene zur politischen Beteiligung zu bewegen, sitzen mit Gülsha Adilji und Samedin Selimovic zwei Persönlichkeiten in der «Arena», die die Debatte in die sozialen Medien bringen.
Das grösste Problem sei, dass viele nicht einmal wüssten, was die USR III ist, stellt Selimovic fest. Bei einer Abstimmung auf Twitter sagten 63 Prozent von Adiljis Followern Nein zur Vorlage.
Es gibt laut Selimovic auch Kommentare, dass Politiker oft etwas sagen, dann aber machten, was sie wollen. Und Adilji zitiert den Vorwurf, dass die Vorlage absichtlich so kompliziert gestaltet worden sei, damit sie niemand richtig verstehe. Der Effekt sei dann, dass die Leute Nein stimmen.