In 15 Kantonen startete am Montag das neue Schuljahr. Lehrerinnen und Lehrer begrüssten ihre Schulkinder – und dies trotz Lehrermangel. Möglich ist dies nur, weil nicht alle, die vor einer Klasse stehen, so ausgebildet sind, wie sie es eigentlich sein müssten: Im Kanton Bern zum Beispiel haben 1'500 Lehrerinnen und Lehrer von 17'400 gar kein Lehrer-Diplom. Das sind neun Prozent.
Wenn der Mathelehrer auch noch Frazösisch gibt
Noch viel höher sind die Zahlen an der Sekundarschule: Dort unterrichten 29 Prozent zwar meist mit pädagogischem Diplom, aber ohne Ausbildung für ihr Fach oder die entsprechende Stufe.
Bern ist kein Einzelfall. Auch an den luzernischen Sekundarschulen unterrichtet jede vierte Lehrerperson fremde Fächer ohne entsprechende Ausbildung: Zum Beispiel ein Mathematiklehrer, der jetzt auch noch Französisch gibt, statt einer Französischlehrerin, die diese Sprache auch studiert hat. Oder vor den Sekundarschulkindern steht eine Primarlehrerin ohne Diplom für diese Stufe.
Wichtig ist die pädagogische Ausbildung.
Für die Berner Bildungsdirektorin Christine Häsler ist das nicht weiter tragisch: «Wichtig ist die pädagogische Ausbildung. Wenn die vorhanden ist – und das ist sie ja bei den allermeisten Personen – können sie auch mal in einem anderen Fach unterrichten. Aber sicher, für die Zukunft und für den Normalbetrieb, den wir uns dann wieder erhoffen, sollen die Leute in ihrem Bereich arbeiten.»
Ganz anders die Einschätzung von Dagmar Rösler, Präsidentin des schweizerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes: «Diese Zahlen zeigen, dass wir einen versteckten Lehrermangel haben. Lehrerinnen und Lehrer fehlen an allen Ecken und Enden.» Schliesslich belegten diese Zahlen auch, dass die Situation schon seit mehreren Jahren besorgniserreegend sei.
Diese Zahlen zeigen, dass wir einen versteckten Lehrermangel haben.
Dass Bern und Luzern keine Ausreisser sind, zeigt eine gross angelegt Umfrage bei über 1'300 Schulen in der Deutschschweiz. Die Schulen beklagen, dass sie für zahlreiche Stellen keine geeigneten Lehrkräfte finden könnten und dann halt auf dafür nicht wirklich Ausgebildete zurückgreifen müssen.
Französisch-Lehrpersonen sind gefragt
Besonders häufig passiert das im Fach Französisch: Dreiviertel aller Deutschschweizer Schulleitungen geben an, dass es schwierig sei, überhaupt jemanden zu finden. Diese neuste Umfrage ist zwei Jahre alt. Seither hat sich die Situation nicht zuletzt wegen zahlreicher Pensionierungen noch zugespitzt.
Viele Kantone wissen nicht genau um versteckten Lehrermangel
Doch wie schlimm dieser versteckte Lehrermangel in ihrem Kanton ist, davon haben die meisten Bildungsdirektionen offenbar keine Ahnung, wie eine Umfrage der Tagsschau jetzt ans Licht bringt. Viele Bildungsdirektionen schreiben, nur die Schulen selbst wüssten, wer mit welcher Ausbidlung was unterrichtet.
Andere Kantone beantworten lediglich, wie viele Lehrpersonen ganz ohne pädagogisches Diplom unterrichten. Der Kanton Bern hat jetzt auf den Lehrermangel reagiert und letzte Woche ein Massnahmepaket beschlossen. Die meisten anderen Kantone hingegen wissen bis heute nicht einmal, wie gross dieser versteckte Lehrermangel bei ihnen überhaupt ist.