«Ich möchte, dass mir auch Nichtmuslime und Nichtmusliminnen stärker vertrauen. Als Imam, der eine Schweizer Weiterbildung hat», sagt Kaser Alasaad. Er leitet die grösste Moschee im Kanton Zürich in Volketswil. Jeden Freitag besuchen hunderte Musliminnen und Muslime sein Gebet.
Kaser Alasaad besucht als einer von zwanzig Personen die neue Imam-Weiterbildung im Kanton Zürich. Das Angebot schliesst eine Lücke. Bisher gab es in der Schweiz keine solche Ausbildungsmöglichkeit. Das Problem: Viele Imame stammen aus dem Ausland und wissen teilweise wenig über die Schweiz. Das wäre aber wichtig, denn die Imame sind für fast 400'000 Musliminnen und Muslime im Land wichtige Bezugspersonen.
Im Kanton Zürich bilden sich die geistlichen Anführer jetzt während acht Tagen weiter. Der Kurs «Zürich Kompetenz» ist auch für Religionslehrerinnen oder Jugendarbeiter in muslimischen Gemeinschaften gedacht. Viele von ihnen arbeiten freiwillig in Moscheen. Ohne Ausbildung.
Im März ist der Kurs für muslimische Betreuerinnen und Betreuer gestartet. Fast doppelt so viele Personen haben sich angemeldet, als aufgenommen werden konnten. «Das Interesse war schon zu Beginn sehr gross», sagt Projektleiterin Myrta Grubenmann. «Das zeigt klar, dass dieses Angebot einem Bedürfnis entspricht.»
Radikalisierung ist Thema im Kurs
Es ist das Bedürfnis, sich als Gemeinschaft in der Schweiz besser zu organisieren. Dies zeigen die Fragen der Teilnehmer: Was ist wichtig bezüglich Jugendarbeit? Wie können wir unsere Moschee personell und finanziell besser organisieren? Oder auch: An welche Fachstellen kann ich mich im Falle einer Radikalisierung wenden?
Nur weil wir Muslime sind, kommen wir nicht automatisch mit Extremismus in Kontakt.
Verschiedene Teilnehmer des Kurses betonen, dass Radikalisierung in ihrer Moschee bisher kein Thema war. «Nur weil wir Muslime sind, kommen wir nicht automatisch mit Extremismus in Kontakt», sagt Imam Kaser Alasaad. Während seiner sechs Jahre als Imam in Volketswil habe sich niemand radikalisiert. «Aber ich muss als Imam einer der grössten Moscheen darauf vorbereitet sein.»
Extremismus-Prävention ist aber nur ein Aspekt der Weiterbildung. «Uns geht es darum, die Vernetzung zwischen Gesellschaft, Behörden und muslimischen Gemeinschaften zu stärken», sagt Hansjörg Schmid. Er ist Direktor des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft an der Universität Freiburg und hat die Weiterbildung mitgestaltet.
Mit anderen Imamen ins Gespräch kommen
Im Kurs entwerfen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eigene Projekte. Jemand hat eine Zusammenarbeit mit der offenen Jugendarbeit ins Leben gerufen. Zwei andere Teilnehmer organisieren einen «Tag der offenen Tür» in ihrer Moschee. «So werden Beziehungen geschaffen, die über das Projekt hinaus wirken», sagt Schmid.
Für die Religionslehrer, Jugendarbeiterinnen und Imame ist auch die Vernetzung untereinander wichtig. «Wir lernen uns hier kennen, tauschen unsere Erfahrungen aus und geben uns gegenseitig Tipps», sagt Suad Salihu, Mitarbeiter des islamischen Vereins Regensdorf. Auch andere Teilnehmer loben diesen Austausch.
Der erste Imam-Lehrgang dauert noch bis Ende Juni. Ein zweiter Lehrgang findet Anfang des nächsten Jahres statt. Wie es danach mit dem Pilotprojekt weitergeht, ist offen.
Imam Kaser Alasaad hofft auf weitere Kurse. Nicht nur im Kanton Zürich, sondern in der ganzen Schweiz. «Imame sollten die Schweizer Kultur und das Gesetz kennenlernen und wissen, wie sie mit anderen Menschen hier umgehen sollten. Dazu braucht es eine Weiterbildung.»