- Das Bundesgericht hat kein Gehör für den deutschen Autokonzern BMW und weist seine Beschwerde gegen die Sanktion von 157 Millionen Franken zurück.
- Die Busse verhängte die Wettbewerbskommission nach einem «Kassensturz-Bericht» im Jahr 2010, der aufzeigte, wie BMW Schweizer Kunden daran hindert, Fahrzeuge zu importieren.
- Gegenüber SRF nimmt Patrik Ducrey, Stellvertretender Direktor der Weko, Stellung zum aktuellen Bundesgerichtsurteil.
Das Bundesgericht hat entschieden: Die Busse über 157 Millionen Franken bleibt bestehen. Die Bemühungen des Autokonzerns, die dritthöchste je ausgesprochene Busse abzuwenden, haben nicht gefruchtet. Bereits 2015 blitzte BMW beim Bundesverwaltungsgericht ab.
Die Vorgeschichte
Frühere Beiträge zum Thema:
Vor sieben Jahren eröffnete die Wettbewerbskommission (Weko) eine Untersuchung gegen BMW. Dies nachdem «Kassensturz» berichtete, dass BMW die Preise in der Schweiz hochhält, indem sie Kaufinteressenten der Marken BMW und Mini daran hindert, diese im Ausland zu erwerben. Ausserdem gingen bei der Weko diesbezüglich diverse Meldungen ein.
BMW teilte damals «Kassensturz» mit, es handle sich nicht um einen Gesetzesverstoss, das Europäische Wettbewerbsrecht gelte für Schweizer nicht, da die Schweiz nicht Mitglied des EWR sei.
Die Weko war anderer Meinung und verfügte 2012, dass die Abrede der BMW AG mit ihren Vertragshändlern im EWR gegen das Kartellgesetz verstosse. Das Export-Verbot in Länder ausserhalb des EWR sei eine unzulässige Wettbewerbsabrede. Die Folge: Eine Sanktion in der Höhe von rund 157 Millionen Franken.
Entscheid mit Vollbesetzung
Nun bestätigt das Bundesgericht das Bestehen einer unzulässigen Abrede zwischen BMW und ihren Händlern in Europa in Form eines Verkaufsverbots an Schweizer Kunden. Das höchste Gericht hält fest, dass damit der Wettbewerb erheblich beeinträchtigt gewesen sei, was BMW bestritten hatte. Das Bundesgericht bestägigt zudem, dass die Bemessung der Sanktion durch die Weko korrekt erfolgt sei.
Auffallend ist die Tatsache, dass das Gericht in Vollbesetzung entschieden hat. Damit wollen die Richterin und die Richter vermutlich klarmachen, dass das Bundesgericht diese Linie auch in Zukunft durchziehen wird.
Dies ist ein klares Bekenntnis des Bundesgerichts, dass offene Grenzen wichtig sind für den Wettbewerb.
Für die Weko ist dieser Entscheid von grosser Bedeutung, wie ihr stellvertretender Direktor Patrik Ducrey im Interview mit «Kassensturz» bestätigt:
Ueli Schmezer: Patrik Ducrey, wie wichtig ist dieser Entscheid des Bundesgerichts für die Wettbewerbskommission?
Patrik Ducrey: Dies ist ein sehr wichtiges Urteil für die Weko, weil das Bundesgericht einerseits sein berühmtes Urteil gegen den Elmex-Hersteller Gaba bestätigt und andererseits ein klares Signal setzt, dass die Behinderung von Parallel- und Direktimporten nach Kartellgesetz unzulässig ist und sanktioniert werden kann.
Welche Bedeutung hat der Entscheid für Konsumentinnen, Konsumenten und Unternehmen?
Dies ist ein klares Bekenntnis des Bundesgerichts, dass offene Grenzen und Parallel-/Direktimporte wichtig sind für den Wettbewerb, insbesondere für den Preiswettbewerb in der Schweiz. Im konkreten Fall hat unsere Intervention bei BMW die Automobilhersteller und -importeure unter Druck gesetzt, die Listenpreise aufgrund der damaligen Währungssituation rasch anzupassen, ansonsten wären Schweizer Kunden auf Parallel- und Direktimporte ausgewichen.
Das Urteil ist ziemlich kurz gehalten – was hat das zu bedeuten?
Das Bundesgericht verweist häufig auf sein Leiturteil in Sachen Gaba. Es musste sich mit den grundlegenden Fragen der Erheblichkeit und der Sanktionierung solcher Abreden nicht mehr vertieft auseinandersetzen.
Die Weko hat eine Sanktion von 157 Mio ausgesprochen, die BMW bereits bezahlt hat. Was passiert jetzt mit dem Betrag?
Der Betrag bleibt somit definitiv in der Bundeskasse.
Der «Kassensturz»-Beitrag war der eigentliche Auslöser für die eröffnete Untersuchung.
Ist damit der Fall erledigt oder kann BMW ihn weiterziehen?
BMW könnte nur an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gelangen, wenn sie einen gravierenden Verfahrensfehler rügen könnte, welcher die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt. Verfahrensfehler hat BMW indessen weder vor Bundesverwaltungs- noch vor Bundesgericht vorgebracht. Der Weg an den EGMR ist damit ausgeschlossen.
Das Bundesgericht erwähnt im Entscheid ausdrücklich den entsprechenden Bericht des «Kassensturz»...
Hinweise aus Konsumentensendungen wie «Kassensturz» auf mögliche Verstösse gegen das Kartellgesetz sind für uns sehr wichtige und hilfreiche Informationsquellen. Sie sind genauso wichtig wie direkte Hinweise, welche Konsumentinnen und Konsumenten an uns richten. Im Fall BMW war der «Kassensturz»-Beitrag vom 19. Oktober 2010 der eigentliche Auslöser für die am 25. Oktober 2010 eröffnete Untersuchung.