- Es war keine fahrlässige Tötung, sagt das Bezirksgericht Baden im Fall des tödlichen Unfalls.
- Ein 27-jähriger Mann bestellte 2020 im 11. Stock den Lift. Er öffnete die Türe, allerdings war kein Lift da. Deshalb stürzte er 37 Meter tief und starb.
- Der zuständige Lift-Techniker habe den defekten Lift nicht korrekt repariert, sagte die Staatsanwaltschaft.
- Das Gericht folgt nun aber der Verteidigung und spricht den Techniker frei.
Die Vorstellung, dass man den Lift bestellt, die Türe öffnet und dann ins Leere stürzt, weckt wohl in den meisten Menschen Ängste. Genau das ist in Spreitenbach AG im Juni 2020 passiert. Ein 27-Jähriger ist damals gestorben. Das Bezirksgericht Baden hat am Mittwochabend ein Urteil dazu gefällt. Der unterdessen pensionierte Service-Techniker, der den defekten Lift reparieren sollte, erhält keine Strafe.
Die Staatsanwaltschaft forderte 18 Monate Freiheitsstrafe bedingt und eine Busse von 6000 Franken. Der Verteidiger wollte einen Freispruch.
Hat Monteur Bremsproblem nicht erkannt?
Am Sonntagabend, 14. Juni 2020 ging der Lift des Mehrfamilienhauses in Spreitenbach AG kaputt. Ein Servicemonteur mit 20-jähriger Berufserfahrung einer Schweizer Lift-Service-Firma kam am Montagmorgen um 8 Uhr vor Ort. Der Lift war 15 Zentimeter über der obersten Etage zum Stehen gekommen.
Offenbar hat die sogenannt rechte Bremsbacke nicht richtig funktioniert und Bremsstaub gebildet. Der Staub habe auf ein grösseres Problem hingedeutet, das der Monteur aber nicht erkannt habe, fand die Staatsanwaltschaft.
Der Monteur führte zwar verschiedene Arbeiten durch. Er entspannte unter anderem eine Feder der rechten Bremsbacke, damit sie nicht mehr schliff. Das habe aber die Bremskraft des Lifts vermindert, argumentiert die Staatsanwaltschaft. Der Mann habe pflichtwidrig gehandelt. Der Lift hätte sofort ausser Betrieb genommen werden müssen.
Sturz aus 37 Metern Höhe
Aber um 9.30 Uhr nahm der Monteur den Lift wieder in Betrieb. Ab dann absolvierte der Lift 199 Fahrten, bis nachmittags um drei Uhr. Dann überhitzten die Bremsen. Die Liftkabine sei wegen der verminderten Bremsleistung «unkontrolliert und im offenen Zustand» aufwärts gerutscht, in die sogenannte Notendlage in den 13. Stock.
Am Nachmittag kam es zum tragischen Unfall. Der 27-Jährige hatte in seiner Wohnung Cannabinoide konsumiert und wollte danach zu einem Treffen mit einem Kollegen. Er ging zum Lift. Er öffnete die Türe und trat in den beleuchteten Liftschacht ein. Da die Liftkabine über ihm im 13. Stock «parkiert» war, stürzte er ins Leere. Aus 37 Metern Höhe prallte er auf den Lichtschachtboden. Er verstarb noch auf der Unfallstelle.
Verkettung mehrerer Fehler
Der Lift passierte nach dem Überhitzen der Bremsen mit offener Schiebetür den 11. Stock und riss dort eine Vorrichtung ab. Deshalb konnte später die Lifttür geöffnet werden, ohne dass dahinter eine Liftkabine angehalten hätte, was unter normalen Umständen nicht möglich ist.
«Eine solche Abfolge wie in Spreitenbach, dass der Lift die Verriegelung kaputt macht, hat es noch nie gegeben», sagten Angestellte der betroffenen Lift-Wartungs-Firma vor Gericht. Es tue ihm leid, sagte der Angeklagte in der Verhandlung.
Das Bezirksgericht findet, der Service-Techniker habe seine Sorgfaltspflicht nicht missachtet. Der Lift seit nach der Reparatur noch 199 Mal gefahren. Der Unfall sei eine Verkettung von tragischen Umständen, die so nicht vorhersehbar gewesen seien.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.