Durch einen Zufall stiess ein Ermittler des Bundes auf verdächtige Mails zwischen Ringier-Chef Marc Walder und dem damaligen Kommunikationschef des Innendepartements, Peter Lauener.
Die Bundesanwaltschaft vermutete, Lauener habe Walder gezielt über die Corona-Politik informiert, um über die Medien Druck auf den Bundesrat auszuüben. Sie ermittelte deshalb wegen Amtsgeheimnisverletzung.
Quellenschutz gilt absolut
Doch jetzt hat das Bundesgericht entschieden, dass die Bundesanwaltschaft den E-Mail-Verkehr nicht für die Strafuntersuchung verwenden darf. Der journalistische Quellenschutz sei in diesem Fall höher zu gewichten als das Bedürfnis, den Sachverhalt aufzuklären.
Laut Bundesgericht ist das Gesetz klar: Wenn ein Mord zu klären ist oder jemand in Lebensgefahr schwebt, muss ein Journalist seine Quelle preisgeben. Nicht aber, wenn bloss eine Amtsgeheimnisverletzung im Raum steht.
Ein Informant müsse sich auf die Anonymität verlassen können, schreibt das Gericht, sonst könnten zukünftige Informanten vor einer Zusammenarbeit mit den Medien abgeschreckt werden.
Motiv des Informanten ist irrelevant
Die Bundesanwaltschaft hatte argumentiert, die Berufung auf den Quellenschutz sei rechtsmissbräuchlich, weil es in diesem Fall nicht um das Aufdecken von Missständen gehe, sondern darum, die Medien zu instrumentalisieren und Druck auf die Regierung zu machen. Doch laut Bundesgericht ist das Motiv des Informanten egal.
Das findet der Professor für Medienrecht Urs Saxer richtig: «Motive eines Informanten können keine Rolle spielen, es wäre auch schwierig, ein solches nachzuweisen.» Entscheidend sei, dass der Informant wisse, dass er sich ohne Gefahr an einen Journalisten wenden könne. Denn der Quellenschutz diene dazu, dass wichtige Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. «Das Urteil hat den Quellenschutz in dieser Funktion gestärkt.»
Wandel im Bundesrat
Laut Regula Hänggli Fricker, Professorin für politische Kommunikation an der Universität Fribourg, werden inzwischen weniger Konflikte aus dem Bundesrat an die Öffentlichkeit getragen. «Mein Eindruck ist, dass die Indiskretionen abgenommen haben.»
Möglicherweise hätten dieser Fall und die öffentliche Diskussion dazu geführt, dass der Bundesrat sich besprochen habe. «Es gilt im Bundesrat auszuhandeln, wie man mit Journalistinnen und Journalisten umgeht und welcher Kontakt möglich ist. Es gab Zeiten, in denen die Bundesräte mit Journalisten zusammen Mittagessen gingen. Heute ist das anders.»
Wie man das handhaben wolle, hänge natürlich auch von den Persönlichkeiten ab, die im Bundesrat sässen. Und von der Situation: Die Pandemie war ein Spezialfall.
Bundesgericht 7B_733/2024