Am 24. November 2018 demonstrierte die rechtsextreme PNOS in Basel gegen den UNO-Migrationspakt. Wortführer des rechtsextremen Auflaufs war Tobias Steiger, ein bekannter Rechtsextremer und früherer Sektionspräsident der Basler PNOS. Er geisselte nicht nur den UNO-Migrationspakt, sondern fiel auch mit antisemitischen Äusserungen auf.
Gegen die Demo von rechts organisierte die Linke eine «Basel Nazifrei»-Demonstration. Es kam zu Scharmützeln zwischen den linken Gegendemonstranten und der Polizei sowie zu Sachbeschädigungen. In der Folge erhob die Basler Staatsanwaltschaft gegen rund 60 Gegendemonstranten Anklage, etliche kassierten in der Folge ungewöhnlich harte Strafen.
Rigoros gegen Links, lasch gegen Rechts
Während die Staatsanwaltschaft gegen Links rigoros vorging, beachtete sie allerdings eine Strafanzeige des Israelitischen Gemeindebundes Basel (IGB) gegen den PNOS-Redner Tobias Steiger wegen seiner antisemitischen Äusserungen nicht.
Erst als Medien nachfragten, wieso sich die Staatsanwaltschaft in dieser Sache nicht bewege, eröffnete sie 17 Monate nach der Demonstration im vergangenen Frühling eine Strafuntersuchung gegen den Rechtsextremen. Das ist um so erstaunlicher, da ein möglicher Verstoss gegen die Antirassismus-Norm ein Offizialdelikt ist und von Amtes wegen untersucht werden müsste – nicht erst nach kritischer Medienberichterstattung.
Harsche Kritik von neutraler Kommission
Die Aufsichtskommission über die Staatsanwaltschaft – ein Gremium, das bis jetzt von der Öffentlichkeit wenig zur Kenntnis genommen worden ist – hat nun die Vorgänge rund um die PNOS-Demo akribisch untersucht. Sie kommt dabei zu einem für die Staatsanwaltschaft (Stawa) unangenehmen Schluss.
Die Staatsanwaltschaft hat mit grossem Aufwand Gegendemonstranten zur Verantwortung gezogen, Rechtsextreme aber nicht mit derselben Dringlichkeit.
Die Stawa habe die Gegendemonstranten «mit grossem Aufwand und in einer grossen Anzahl von Einzelverfahren zur Rechenschaft» gezogen und harte Strafen gefordert. Gleichzeitig habe sie die Rechtsextremen «nicht mit derselben Dringlichkeit» verfolgt. Es sei daher «erklärungsbedürftig», dass die zahlreichen Beamtinnen und Beamten von Kantonspolizei und sogar Nachrichtendienst nicht auf die Idee gekommen seien, ein Verfahren wegen Rassendiskriminierung anzustreben, obwohl es sich um ein Offizialdelikt handle.
Staatsanwaltschaft soll Prioritäten neu definieren
Schliesslich rät die Kommission, die Stawa soll «die Prioritätensetzung bei der Verfolgung von Demonstrationsteilnehmerinnen und -teilnehmern zusammen mit dem Regierungsrat überprüfen.» Das ist ein vernichtendes Urteil zu den Vorgängen von damals.
In einer ersten Reaktion sagt die Basler Polizei- und Justizdirektorin Stephanie Eymann (LDP), die Kommission habe «kein generelles politisches Problem in der Stawa festgestellt». Es betreffe nur den einen Fall rund um die PNOS-Demo. Darüber sei sie froh.
Der bekannte Staatsrechtsprofessor Markus Schefer von der Uni Basel sieht in den klaren Worten der Kommission ebenfalls keine aussergewöhnliche Kritik. «Das Bundesgericht wird von seiner Aufsichtskommission viel härter angefasst», sagt Schefer. Es sei jetzt aber wichtig, dass im Falle von Basel die Aufsicht den weiteren Verlauf kritisch begleite, damit die Staatsanwaltschaft kein Glaubwürdigkeitsproblem bekomme.
Die Staatsanwaltschaft selber betont in einer Stellungnahme, sie sei weder auf dem rechten noch dem linken Auge blind. Das Thema wird Basel zweifellos weiter beschäftigen. Im Parlament ist ein entsprechender Vorstoss eingereicht worden.