- Das Zürcher Obergericht hat den Angeklagten Brian (auch bekannt als Fall «Carlos») zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 4 Monaten verurteilt.
- Das Obergericht hat keine kleine Verwahrung angeordnet. Es hat aber die Strafe der Vorinstanz leicht verlängert.
- Der 25-Jährige war angeklagt, weil er im Gefängnis Mithäftlinge und Mitarbeiter angegriffen und teilweise verletzt hatte.
- Brian sei in diversen Punkten schuldig, sagt das Gericht, darunter schwere versuchte Körperverletzung, mehrfache einfache Körperverletzung, mehrfache Beschimpfung, Drohung, mehrfache Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte und weitere.
Die Vorinstanz hatte Brian zu fast fünf Jahren Gefängnis und einer stationären Therapie verurteilt. Das Obergericht verlängert die Strafe nun auf über sechs Jahre, verzichtet aber auf eine Massnahme, sprich auf die kleine Verwahrung. Das Obergericht kommt damit der Forderung der Staatsanwaltschaft nach. Sie sagt, der Angeklagte wolle sowieso keine Therapie.
Die Verteidiger forderten einen Freispruch. Die Gewaltausbrüche des Angeklagten seien nachvollziehbar, weil die Haftbedingungen Folter seien. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.
Die Vorinstanz habe ein zu mildes Urteil gefällt, sagt das Obergericht. Die Gewalttaten seien heftig. Eine ordentliche Verwahrung, wie sie die Staatsanwaltschaft gefordert habe, sei allerdings unverhältnismässig. Brian sei mit 25 Jahren jung und die Taten seien nicht mit Mord oder Brandstiftung vergleichbar. Es bestehe die Chance, dass Brian in Freiheit keine neuen Taten mehr begehe, begründet das Gericht den Entscheid. Der Staatsanwalt und der Verteidiger prüfen einen Weiterzug, sagen sie gegenüber SRF.
Zu Beginn des Prozesses hatte das Gericht einen Antrag auf Haftentlassung abgelehnt. Die Verteidigung war der Ansicht, dass das Haftregime gegen Brian menschenunwürdig sei. Das Bundesgericht habe aber schon in einem früheren Prozess entschieden, dass dies nicht der Fall sei. Brian selbst erschien nicht vor Gericht. Seine Anwälte sagten, er fühle sich wegen der scharfen Haftbedingungen zu schwach, um vor Gericht aussagen zu können.
Welche Argumente brachte die Verteidigung auf?
Für die Verteidigung von Brian waren gleich drei Anwälte zuständig. Rechtsanwalt Thomas Häusermann forderte vor Gericht, dass sein Mandant freigesprochen und auf die stationäre Massnahme verzichtet wird. Brian habe bereits in seinem Sondersetting bewiesen, dass er sich gut verhalten könne. In der Haft habe er sich lediglich gegen Repression und Härte gewehrt. Dies sei eine Überlebensreaktion, eine Verwahrung deshalb nicht angebracht.
Welche Argumente hatte die Staatsanwaltschaft?
Staatsanwalt Ulrich Krättli trug vor Gericht vor, dass von Brian immer noch eine grosse Gefahr ausgehe. Er sei ein Extremfall an Renitenz und Gewaltbereitschaft, eine Therapie werde er immer ausschlagen. Selbst die Psychiater sähen bei ihm eine extrem hohe Rückfallgefahr. Deshalb verlangte Krättli, dass Brian ordentlich verwahrt wird. Zusätzlich forderte er eine Freiheitsstrafe von 7.5 Jahren – wie bereits vor dem Bezirksgericht.
Was wurde Brian zur Last gelegt?
Die Anklageschrift gegen Brian ist lang. Es werden ihm 29 Delikte zur Last gelegt – diese gehen von Beschimpfungen über Drohungen bis hin zu Körperverletzungen. Vorgefallen sind alle Anklagepunkte hinter Gefängnismauern zwischen Januar 2017 und Oktober 2018. Opfer waren sowohl Wärter wie auch Insassen.
Ein besonders schwerer Vorfall ereignete sich gemäss Anklageschrift in der Strafanstalt Pöschwies. Als Brian in einem Gesprächszimmer mitgeteilt wurde, dass er wieder in die Sicherheitsabteilung verlegt werde, soll er randaliert und den Gefängnismitarbeitern «den Krieg erklärt» haben. Es kam zu einer Auseinandersetzung mit mehreren Wärtern, einer wurde dabei verletzt.