- Die Urteile im Rocker-Prozess sind gefallen: Der hauptangeklagte Rocker muss acht Jahre ins Gefängnis.
- Vor dem Gerichtsgebäude haben sich zur Urteilsverkündung Hunderte Hells-Angels-Bikers versammelt. Bislang ist es ruhig geblieben.
- Die Polizei hatte direkten Kontakt zu den verfeindeten Töff-Gangs und rechnet mit keiner Eskalation.
Kurz nach neun Uhr haben Polizisten die Angeklagten in den Gerichtssaal geführt. Der Gerichtspräsident verkündete sogleich das Urteil: Der Hauptangeklagte, ein Bandido, muss wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und Raufhandels acht Jahre ins Gefängnis.
Der designierte Bandido-Sicherheitschef hatte 2019 bei Auseinandersetzungen in Belp auf ein Mitglied der Hells Angels geschossen. Dies nachdem er mit einer Waffe zugeschlagen hatte und sich ein Schuss löste. Das Opfer wurde dabei lebensbedrohlich verletzt.
Der Hauptangeklagte nahm in Kauf, Menschen zu töten.
«Der Hauptangeklagte nahm in Kauf, dass er Menschen verletzen und töten könnte. Denn er holte die Pistole, er schlug damit zu und hatte den Finger am Abzug. Ein Schuss löste sich», begründete der Gerichtspräsident den Schuldspruch.
Der Hauptbeschuldigte sagte, er habe Angst gehabt und mit der geladenen Waffe in die Luft geschossen, um die Schlägerei zu stoppen. Das habe aber nicht funktioniert.
Die Verteidigung plädierte darum auf Notwehr. Davon wollte der Gerichtspräsident nichts wissen: «Er könnte auch warnen, auf Reifen schiessen, er könnte in die Luft schiessen, ohne mit der Pistole schlagen.»
Weitere Schuld- und fünf Freisprüche
Der 42-jährige gebürtige Spanier kam mit einer unbedingten Strafe von acht Monaten wegen Raufhandels davon. Vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung wurde er freigesprochen.
Ein dritter Mann wurde zu 42 Monaten wegen versuchter schwerer Körperverletzung verurteilt. Weitere 19 Rocker standen wegen Raufhandels oder Gehilfenschaft vor Gericht. Sie wurden teils schuldig, teils frei gesprochen.
Bei den Schuldsprüchen wurden zumeist bedingte Freiheitsstrafen um die zehn Monate verhängt.
Hunderte Hells-Angels-Rocker vor Ort
Die Hells Angels markieren vor Ort Präsenz: Über 300 Rocker haben sich mit ihren Motorrädern auf der Schützenmatte versammelt. Wie ein SRF-Reporter beobachtet, sind es deutlich mehr als beim Start des Prozesses Ende Mai. Ihre Rivalen, die Bandidos, sind bislang nicht aufgetaucht.
Laut dem Chef der Berner Regionalpolizei gab es direkte Kontakte zwischen den Sicherheitsbehörden und den Motorradclubs. Philippe Müller, Sicherheitsdirektor des Kantons Bern, verschaffte sich vor Ort ein Bild der Lage und zeigte sich gegenüber SRF zufrieden mit dem Polizeieinsatz.
Scharmützel zum Prozessauftakt
Der Prozess gegen 22 Rocker, wovon zwei wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, einer wegen schwerer Körperverletzung und alle wegen Raufhandels angeklagt sind, hat Ende Mai begonnen. Damals gerieten die verfeindeten Motorrad-Gangs auf der Schützenmatte aneinander.
Die Polizei musste die Töff-Rocker mit einem Wasserwerfer voneinander fernhalten. Tags darauf prügelten sie sogar beim Eingang des Gerichts aufeinander ein. Der Verkehr am Berner Bollwerk war stundenlang blockiert. Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause forderte sogar eine Verlegung des Prozess-Ortes.