- Hells Angels vs. Bandidos: Am grossen Rockerprozess in Bern fordert der Staatsanwalt für einen der beiden Hauptangeklagten eine Freiheitsstrafe von 9.5 Jahren.
- Das Bandido-Mitglied habe sich wegen einer «Ballerei» der versuchten vorsätzlichen Tötung schuldig gemacht.
- Für weitere Angeklagte fordert die Staatsanwaltschaft harte Strafen.
Der Rockerprozess in Bern ist heute mit dem Plädoyer des Staatsanwalts gegen den Hauptbeschuldigten fortgesetzt worden. Es geht um den Fall in Belp BE, wo die beiden Rockerbanden im Mai 2019 aneinander gerieten und Schüsse fielen.
Finger am Abzug
So lief die Sache aus Sicht der Anklage ab: Die beiden Hauptangeklagten seien zusammen mit andern Bandidos-Sympathisanten auf den Vorplatz des künftigen Clublokals in Belp vorgefahren, als mehrere Autos mit Hells Angels und Broncos ankamen. Sofort eskalierte die Situation, eine wilde Auseinandersetzung begann.
Wer bei einem Tumult von 30 Personen so herumschiesst, nimmt den Tod eines Menschen in Kauf
Der eine angeklagte Bandido habe dabei mit der Pistole auf den Kopf eines Hells Angels eingeschlagen und dabei den Finger am Abzug seiner Pistole gehabt. Dabei habe sich ein Schuss gelöst. In der Folge habe der Angeklagte mehrmals geschossen, auch auf ein Auto. «Wer bei einem Tumult von 30 Personen so herumschiesst, nimmt den Tod eines Menschen in Kauf», so der Staatsanwalt vor Gericht.
Der Schuss aus seiner Waffe verletzte laut dem Staatsanwalt ein Mitglied des gegnerischen Motorradclubs so schwer im Bauch, dass dessen Milz entfernt werden musste. Er habe nur mit viel Glück überlebt.
Hauptangeklagter sollte neuer Bandidos-Sicherheitschef werden
Darum plädiert die Anklage wegen der versuchten vorsätzlichen Tötung auf eine Freiheitsstrafe von 9.5 Jahren. Möglich wären 5 bis 20 Jahre. «Der Angeklagte hatte sich vorbereitet, hatte eine Waffe dabei und war bereit für eine Auseinandersetzung», so der Staatsanwalt weiter.
Vor Ort sei er aber rasch überfordert gewesen, er habe nicht gezielt auf jemanden geschossen. Dies wirke sich strafmildernd aus.
Beim Hauptangeklagten handelt es sich laut Staatsanwaltschaft um den designierten Sicherheitschef der «Bandidos». Er sass wegen anderer Delikte bereits mehrere Jahre im Gefängnis und befindet sich im vorzeitigen Vollzug.
Messerstich in Rücken als «besonders perfide Tat»
Ein zweiter Hauptbeschuldigter, ebenfalls Bandido-Anhänger, soll einem Bronco in den Rücken gestochen haben, als dieser bereits am Boden lag. Für den Staatsanwalt eine besonders perfide Art einer Tat. Er soll für achteinhalb Jahre hinter Gitter, plus Landesverweis. Es gilt die Unschuldsvermutung. Am Nachmittag werden die Verteidiger der Hauptbeschuldigten das Wort haben.
Ein dritter Bandido, der designierte Chef des Berner Chapters des Clubs, soll vier Jahre ins Gefängnis – wegen schwerer Körperverletzung. Für alle andern Beteiligten an dieser Keilerei fordert der Staatsanwalt acht bis zwölf Monate Freiheitsstrafe bedingt wegen Raufhandels. Das ist eine harte Forderung. Aber der Staatsanwalt sagte auch, dass man hier einen «richtig schlimmen Raufhandel» gesehen habe.