- Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen haben nur Anspruch auf einen Solidaritätsbeitrag, wenn die Massnahmen vor 1981 beschlossen oder vollzogen wurden.
- Dies zeigen zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts.
Beim ersten Fall handelt es sich um eine Frau, die im vierten Monat schwanger war. Sie wurde von den Behörden gezwungen, ihr Kind abzutreiben. Noch heute leidet die Betroffene darunter. Anrecht auf einen Beitrag aus dem Solidaritätsfonds hat die Frau nicht, denn die Abtreibung wurde 1988 vorgenommen.
Das Bundesverwaltungsgericht anerkennt im Urteil, wie traumatisch das vergangene Ereignis für die Frau gewesen sein muss und welche Leiden dies bei ihr ausgelöst hat. Dennoch hat das Gericht die Beschwerde der Frau gegen den Entscheid des Bundesamts für Justiz abgewiesen.
In psychiatrische Klinik eingewiesen
Das Gesetz müsse sich an das Bundesgesetz vom September 2016 über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 halten, schreibt das Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen.
Den gleichen Bescheid eröffnete das Bundesverwaltungsgericht einem weiteren Gesuchsteller. Dem Mann war in den Jahren 1984 bis 1988 ebenfalls massives Leid zugefügt worden. Die Behörden hatten ihn als Minderjährigen ins kantonale Jugendheim Platanenhof SG, in die Arbeitserziehungsanstalt Kalchrain TG und schliesslich in die psychiatrischen Klinik Münsterlingen TG eingewiesen.
Der Mann ist sich bewusst, dass sich das ihm Widerfahrene nach dem Stichtag ereignet hat. In seiner Beschwerde schreibt er gemäss Bundesverwaltungsgericht, es sei «eine Illusion zu glauben, dass die Misshandlungen in den entsprechenden Institutionen mit den neuen Bestimmungen zur fürsorgerischen Freiheitsentziehung im Jahr 1981 von einem Tag auf den anderen aufgehört hätten».