«Diesen Winter sehen wir mehr als doppelt so viele Fälle wie sonst von Kindern, die sich mit Inhalationswasser verbrühen», sagt Kinderchirurgin Sophie Böttcher vom Zürcher Zentrum für brandverletzte Kinder.
«Oft sind die Verletzungen sehr tief, sodass wir Haut transplantieren müssen.» Auch andere grosse Kinderspitäler der Schweiz bestätigen diese Tendenz.
Denn momentan machen mehr Erwachsene und Kinder eine grippeähnliche Erkrankung oder eine Grippe durch als in anderen Jahren. Der Grund: Wegen der Massnahmen während der Covid-Pandemie kamen Menschen in den Vorjahren generell mit weniger Viren in Kontakt.
«Eine grössere Menge Kinder erlebt deshalb zurzeit RS-Viren zum ersten Mal. Das führt nicht nur zu mehr, sondern auch zu schwereren Fällen als in früheren Grippesaisons», sagt Infektiologe Christoph Berger. Und da wird entsprechend mehr inhaliert.
Haut ist in Fetzen abgefallen
Die elfjährige Nina hatte sich im September verbrüht. Beim Inhalieren mit kochend heissem Wasser übersah sie den Henkel der Pfanne und goss das Wasser über sich aus. Sie verbrühte sich an Bauch und Beinen stark.
«Ich bin sehr erschrocken», erinnert sich Nina. «Als das Wasser über mich lief, war es mega kalt, aber dann wurde es richtig heiss.» Ihr Vater, ein Arzt, reagierte blitzschnell, zog sie aus und kühlte die verletzte Haut mit Wasser.
Die Haut fiel in Fetzen von ihr ab. Nina musste mit dem Helikopter ins Kinderspital Zürich geflogen werden. Dort nahmen sie Experten in Empfang, und versorgten die verletzte Haut im Operationssaal unter Narkose.
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Bild 1 von 3. Der Bauch von Nina nach dem Unfall am Bildschirm der Kinderchirurgin Sophie Böttcher. Bildquelle: SRF/ Adrian Baumann.
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Bild 2 von 3. In der Schweiz gibt es laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung jährlich 17'000 Unfälle durch Feuer, heisses Wasser oder Explosionen durch Gas. Bildquelle: SRF/ Adrian Baumann.
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Bild 3 von 3. Bei sechs von zehn Verbrennungen und Verbrühungen sind Kinder betroffen – so wie Nina. Bildquelle: SRF/ Adrian Baumann.
Nina war vier Wochen lang im Spital. Dort musste die Kinderchirurgin zwei Hautstreifen transplantieren – vom Oberschenkel an den Bauch. Immer wieder hatte das Mädchen grosse Schmerzen. Es wurde ein aufwändiger Heilungsprozess.
Aufwändige Pflege
Für die Pflege im Kinderspital ist diese Häufung von Verbrühungen mit Inhalationswasser eine Zusatzbelastung: «Für uns bedeutet das einen riesigen Mehraufwand», sagt Pflegefachfrau Martina Zehnder. «Die Kinder brauchen viel Betreuung, Verbandswechsel finden unter Narkose statt. Das dauert täglich bis zu zwei Stunden pro Kind.»
Kurz: Wer erkältet ist und heisses Wasser mit ätherischen Ölen inhaliert, begibt sich in eine gewisse Gefahr. Doch wie wirksam ist das überhaupt? Lungenfacharzt Alexander Möller suchte nach Studien, die den Effekt belegen. Dabei fand er viele Berichte über Menschen, die sich verbrüht hatten.
«Die Abwägung von Risiko und Nutzen spricht klar dagegen», so der Pneumologe. Denn das Inhalieren fühle sich zwar subjektiv gut an, der Dampf komme aber nicht in die mittleren und unteren Atemwege. Studien zeigen keine wesentliche Wirksamkeit, dass der Infekt schneller abheile oder man schneller gesund werde.