So, wie sich Michael Lauber seinen Abgang vorstellte, konnte das eigentlich kaum ein Mitglied in der zuständigen Gerichtskommission gutheissen: Lauber wollte formell bis Ende Januar Bundesanwalt bleiben, aber ab September in die Ferien gehen.
Spätestens ab dem neuen Jahr wäre das zum Problem geworden. Das Parlament hofft, eine neue Bundesanwältin oder einen neuen Bundesanwalt ab dem 1. Januar anstellen zu können. Doch es sei eben wie bei «Highlander», meinte der Präsident der Gerichtskommission, Ständerat Andrea Caroni: «Es kann nur einen geben». Zwei Bundesanwälte – einer in den Ferien, der andere neu im Amt – das wäre rechtlich wohl gar nicht zulässig gewesen.
Kommt dazu, dass sich niemand richtig vorstellen konnte, wie der Bundesanwalt überhaupt fünf Monate Ferien ansammeln konnte – ein Ferienguthaben von drei Arbeitsjahren! Wobei heute zu erfahren war, dass Lauber die noch zu beziehenden Ferientage wohl korrekt abgerechnet hatte.
Gerichtskommission zeigte Zähne
In den letzten Wochen wurde immer klarer: Die Gerichtskommission wollte den Bundesanwalt so schnell wie möglich ganz weghaben. Lauber habe von sich aus eine kürzere Kündigungsfrist angeboten, hiess es heute offiziell.
Doch hinter den Kulissen machte die Gerichtskommission dem Bundesanwalt klar: Wenn er nicht früher geht, wird das Amtsenthebungsverfahren durchgezogen. Es gab offenbar zähe Verhandlungen im Hintergrund, die Gerichtskommission unter dem Vorsitz von Ständerat Andrea Caroni zeigte endlich Zähne in der Causa Lauber.
Lange Angst vor Fehlern
Für die Gerichtskommission ist das ein wichtiges Zeichen der Stärke. Denn zu lange agierte die Kommission zu zaghaft. Es ging sehr lange, bis sie sich endlich dazu durchringen konnte, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Lauber einzuleiten. Trotz begründetem Verdacht, dass Lauber Amtspflichten verletzt und gelogen hatte. Wohl aus Angst, Fehler zu begehen, wartete die Kommission lange ab.
Einige Mitglieder der Gerichtskommission befürchteten einen langen und zähen juristischen Kleinkrieg zwischen dem Bundesanwalt und der zuständigen Kommission: Lauber könnte gegen alles und jedes Beschwerde einreichen und das Verfahren unendlich verzögern, so die Befürchtung.
Als die Kommission dann endlich das Verfahren einleitete, machte sie zuerst einmal gar nichts und wartete auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das im Fall Lauber dann schwere Amtspflichtverletzungen feststellte. Mitglieder der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft forderten die Gerichtskommission auf, sie müsse mutiger agieren.
Ein Signal für die Zukunft
Jetzt aber hat die Gerichtskommission beider Räte endlich bewiesen: Sie lässt sich nicht mehr einschüchtern und hat dem Bundesanwalt klar zu verstehen gegeben, er müsse so schnell wie möglich abtreten. Es ist auch ein Signal für die Zukunft. Denn parallel zur Suche nach einer Nachfolge von Michael Lauber werden grosse Reformen der Bundesanwaltschaft diskutiert.
Insbesondere auch die Frage, ob in Zukunft besser wieder der Bundesrat den Chefankläger des Bundes wählen soll und nicht mehr das Parlament. Auch die Gerichtskommission, die heute die Stelle des Bundesanwalts ausschreibt und einen Wahlvorschlag ans Parlament unterbreitet, würde an Einfluss verlieren. Doch heute Mittwoch hat die Kommission gezeigt, dass sie durchaus in der Lage ist, durchzugreifen – wenn auch im letzten Moment.