Jede fünfte Frau, so schätzt eine Studie, erlebt mindestens einmal in ihrem Leben ungewollte sexuelle Handlungen. Einige dieser Übergriffe können nicht angemessen verfolgt werden, weil das Sexualstrafrecht veraltet ist und Lücken aufweist.
Deshalb soll das Sexualstrafrecht nun modernisiert werden. Bis heute konnten sich Parteien, NGO, Verbände und die Kantone dazu äussern. Mehrere von ihnen sind nicht einverstanden und fordern gravierende Änderungen.
«Ja heisst Ja» statt «Nein heisst Nein»
Der Kanton Waadt etwa fordert, dass die Zustimmungslösung eingeführt wird, bekannt unter dem Titel «Ja heisst Ja». Sexuelle Handlungen wären gemäss «Ja heisst Ja» nur einvernehmlich, wenn beide Partner zugestimmt haben. Der Vergewaltigungsbegriff müsse auf dieser Basis angepasst werden, fordert die Waadtländer FDP-Staatsrätin Christelle Luisier.
«Ja heisst Ja» wäre ein Paradigmenwechsel, denn im Entwurf des neuen Sexualstrafrechts ist die Veto-Lösung enthalten, bekannt als «Nein heisst Nein». Mit der Veto-Lösung müssen Opfer erklären, ob sie eine sexuelle Handlung auch deutlich genug abgelehnt haben.
Breite Unterstützung für neuen Ansatz
Auch die Kantone Genf, Bern, Zürich, Neuenburg und Nidwalden sind auf der Seite des Kantons Waadt, samt der Opferhilfekonferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen- und Sozialdirektoren. Mit dem Grundsatz «Ja heisst Ja» würden die Opfer nicht mehr Angst haben, die Täter oder Täterinnen anzuzeigen.
Opferhilfe-Geschäftsleiterin Veronika Neruda sagt dazu: «Die Opferhilfe erhofft sich klar auch eine präventive Wirkung von diesem ‹Ja ist Ja›. Es hilft, dass mehr Opfer sich getrauen, Anzeige zu erstatten. Denn sie haben nicht mehr Angst, dass sie sich nachher beweisen oder rechtfertigen müssen. Das ist ein ganz wichtiges Signal.»
Bei ‹Ja ist Ja› müssen Opfer nicht mehr Angst haben, sich beweisen oder rechtfertigen müssen.
Auch Organisationen wie Amnesty International oder Parteien wie die SP, die Grünen und die GLP haben den Druck erhöht und verlangen die Zustimmungslösung.
Das Thema bleibt hochumstritten. Ob sich die Zustimmungslösung gemäss «Ja heisst Ja» oder die Veto-Variante mit «Nein heisst Nein» durchsetzt, bleibt offen.