- Studierende aus der EU sollen in der Schweiz nicht höhere Studiengebühren zahlen als Inländer. Das fordert die EU.
- SRF liegen erstmals Zahlen vor: Den Hochschulen drohen Ausfälle von 46 Millionen Franken pro Jahr.
- Kantone fordern eine Entschädigung durch den Bund.
Fast ein Fünftel aller Studierenden an Schweizer Universitäten ist fürs Studium aus der EU in die Schweiz gezogen. Diese Studierenden sind zum Spielball der Politik geworden - jetzt, in der heissen Phase der Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel über ein Vertragspaket. Die EU-Kommission verlangt: Studierende aus der EU sollen bei den Studiengebühren nicht stärker belastet werden als Inländerinnen und Inländer. Im Gegenzug ist die EU offenbar bereit, mit der Schweiz über eine Verschärfung der Schutzklausel gegen zu viel Einwanderung zu verhandeln.
Doch welche Folgen hätte ein Zugeständnis an die EU? SRF hat vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation erstmals Zahlen erhalten, mit denen sich die finanziellen Konsequenzen berechnen lassen. Fazit: Die Universitäten und Fachhochschulen könnten jährliche Einnahmen von rund 46 Millionen Franken verlieren.
Kanton warnt vor «einschneidenden» Folgen
Stark betroffen sind Universitäten, die ausländischen Studierenden heute deutlich höhere Gebühren berechnen. Die Universität St. Gallen müsste auf über sieben Millionen Franken pro Jahr verzichten. Das ist fast ein Drittel aller Einnahmen aus Studiengebühren. «Sollte der Zuschlag wegfallen, wäre dies einschneidend», warnt das Bildungsdepartement der St. Galler SP-Regierungsrätin Bettina Surber gegenüber SRF.
Um noch mehr Geld geht es im Tessin: Dort würden bei der Universität der italienischen Schweiz und der Fachhochschule fast neun Millionen Franken pro Jahr fehlen. Das Tessiner Bildungsdepartement spricht von einer «grossen Herausforderung».
Millionenforderung an den Bund
Die Kantone St. Gallen und Tessin wollen den drohenden Einnahmeverlust nicht hinnehmen: Sie fordern eine Entschädigung durch den Bund, sollte der Bundesrat der EU nachgeben. «Eine erzwungene Angleichung der Studiengebühren liegt ausserhalb des Entscheidungsbereichs des Kantons. Deshalb ist es gerechtfertigt, dass die Kantone entschädigt werden», schreibt das St. Galler Bildungsdepartement.
Auch die Tessiner Behörden fordern, dass «der Bund diese Verluste ausgleicht». Beide Kantone sind im Gespräch mit dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Plant der Bund, die allfälligen Einbussen zu entschädigen? Das SBFI gibt dazu keine Auskunft. Ebenso das Aussendepartement, welches die Verhandlungen mit der EU führt.
Bei den ETH geht es um 23 Millionen
Finanziell am stärksten betroffen wären die bundeseigenen ETH Zürich und Lausanne. Voraussichtlich führen sie im Herbst nächsten Jahres höhere Gebühren für Ausländerinnen und Ausländer ein – dies aufgrund eines Parlamentsbeschlusses. Kommt die Schweiz der EU entgegen, so fielen Einnahmen von 23 Millionen Franken gleich wieder weg. Ob auch die ETH eine Entschädigung aus der Bundeskasse verlangt, liess der ETH-Rat auf Anfrage offen.
Andere Hochschulen und ihre Trägerkantone wiederum sind kaum betroffen: An den Universitäten Basel, Genf und Lausanne zahlen Studierende aus der EU keine höheren Studiengebühren. In Zürich, Freiburg und Luzern sind die Zuschläge gering. Entsprechend tief sind die drohenden Ausfälle. Und entsprechend entspannt verfolgen diese Kantone die heisse Phase in den Verhandlungen mit der EU.