Abends in Zürich, Basel oder Bern in den Zug steigen und morgens in Hamburg, Wien oder Zagreb aufwachen – oder umgekehrt. Das ist offenbar für viele verlockend und gefragt. SBB-Chef Vincent Ducrot hat daher Pläne: Zehn Routen mit 25 Zielorten bis 2025. «Die Nachfrage ist da.»
In viele Städte gäbe es auch schnelle Flugverbindungen. Doch offenbar gibt es eine Kundschaft, die die längere Reisezeit in Kauf nimmt. Wohl nicht zuletzt aus ökologischen Überlegungen, denn preislich sticht die Bahn das Flugzeug längst nicht immer aus.
Die Nachfrage ist also da. Dennoch sind Nachtfahrten quer durch halb Europa ein Verlustgeschäft. Das räumt auch Ducrot ein. Er ist aber der Ansicht, dass der Blick lediglich auf diese nächtlichen Fahrten zu kurz greift: «Wir betrachten das Gesamtpaket, daher sind Nachtzüge wichtig. Allein mit Nachtzügen würden wir Geld verlieren.»
Wir betrachten das Gesamtpaket, daher sind Nachtzüge wichtig. Allein mit Nachtzügen würden wir Geld verlieren.
Der SBB-Chef spekuliert aber darauf, dass der Tag der Nacht hilft. «Viele Leute machen eine Reise am Tag, eine in der Nacht. Das kurbelt den Verkehr an.» Und wer mit dem Zug in die Schweiz reist, ist unter Umständen geneigt, sich während des Aufenthalts hierzulande ebenfalls auf Schienen fortzubewegen, etwa beim Abstecher in die Alpen oder zu Freunden in der Romandie.
Nein zum CO2-Gesetz beeinflusst Pläne der SBB
Als die SBB allerdings den Ausbau des Nachtnetzes ausarbeitete, rechnete sie noch mit Hilfsgeldern aus dem Klimafonds. Doch daraus wird nun nichts, denn mit dem Nein zum CO2-Gesetz im Juni hat die Bevölkerung auch Nein gesagt zum Klimafonds.
Das torpediert nun Ducrots Ausbaupläne: «Wir haben zwei kritische Routen: Die Strecke nach Rom ist kurz, die Strecke nach Barcelona ist kompliziert zu betreiben. Wir wissen noch nicht, ob wir diese künftig betreiben können. Die anderen können trotz kleinen Negativzahlen mit dem Tagesverkehr kompensiert werden.»
Im besten Fall sind die anderen Strecken – etwa nach Amsterdam – also «selbsttragend». Auch sie werden somit keinesfalls zu Goldgruben für die SBB. Aber ihre Realisierung hängt nicht von Geld aus dem Klimafonds ab. Und Ducrot möchte mit ihnen unbedingt auf die grosse Nachfrage seiner Kundschaft reagieren.