- Der Versicherungskonzern Baloise wollte mit dem Einsatz eines Hagelfliegers Hagel verhindern.
- Seit 2018 war der Hagelflieger rund um den Flugplatz im aargauischen Birrfeld im Einsatz.
- Jetzt bricht die Baloise das Projekt ab: Es konnte nicht deutlich genug nachgewiesen werden, dass der Einsatz des Hagelflugzeuges etwas bringt.
Die Piloten des Hagelfliegers haben eng mit dem Wetterdienst zusammengearbeitet. Spätestens am Mittag sind die Piloten informiert worden, ob sie ausrücken müssen. Hat der Wetterdienst potenzielle Gewitterwolken mit Hagelrisiko gefunden, hat er die Cessna mithilfe von Radardaten an die richtige Stelle gelotst.
Einmal bei der Gewitterzelle angekommen, haben die Piloten die Wolke «geimpft». Das heisst: Die Wolke ist mit Silberiodid-Partikeln beschossen worden. Das Ziel: grössere Hagelkörner verhindern.
Aber kann man wirklich mit einer chemischen Flüssigkeit das Wetter beeinflussen? Oder gehört das in die Kategorie Pendelschwingen und Vollmond-Ernte?
Totaler Humbug ist es nicht.
Meteorologe Simon Eschle stellt klar: «Totaler Humbug ist es nicht. Im Labor funktioniert das, in der Praxis aber eher nicht.» Das Problem sei, dass es wissenschaftlich kaum nachweisbar sei, ob solche Methoden eine Wirkung haben.
«Man bräuchte verschiedene Hagelzellen mit den genau gleichen Bedingungen», so Eschle. Das sei in der Realität schwierig zu finden. «Hagel ist etwas sehr Lokales und Komplexes. Darum lässt sich kaum feststellen, ob die Behandlung der Wolken etwas gebracht hat oder ob es sowieso nicht gehagelt hätte.»
Versuch nach sechs Jahren abgebrochen
Während sechs Jahren flog der Hagelflieger und impfte Wolken vom Zürcher Weinland, dem Jura entlang bis zum Bodensee, nach Montreux, über Thun bis zum Zürichsee. Das im Auftrag der Versicherung Baloise und in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich.
In den letzten sechs Jahren hob der Hagelflieger 30 bis 40 Mal pro Jahr ab. Seit diesem Sommer aber ist die Cessna gegroundet. «Die Wirkung der Flüge konnte nicht messbar nachgewiesen werden», erklärt Thomas Schöb, Leiter Kundenleistung bei der Baloise.
Damit habe man die Kosten nicht mehr rechtfertigen können. Wie viel der Versuch seit 2018 gekostet hat, will Schöb nicht verraten.
Meteorologe Simon Eschle ist über das Ende des Versuchs nicht überrascht: «Wir waren eher erstaunt, dass überhaupt jemand nochmals versucht, die Wirkung wissenschaftlich nachzuweisen.»
Idee von Wetter-Beeinflussung nicht neu
Den Wunsch, das Wetter zu steuern, gibt es schon lange in der Geschichte der Menschheit. Im Mittelalter gab es zum Beispiel Hagelprozessionen: Christen zogen dabei durch das Gelände und beteten für eine gute Ernte oder eben das Ausbleiben von Schäden.
Hagelraketen schon seit den 40er Jahren
Das Prinzip, das hinter dem Hagelflugzeug steht, ist ebenfalls nicht neu. Schon Anfang des 18. Jahrhunderts gab es erste solche Versuche.
Bedeutung von Hagelschäden nehmen zu
Allein der jährliche Schaden an Gebäuden liegt hierzulande durchschnittlich bei fast 100 Millionen Franken, Tendenz steigend. In der Landwirtschaft hat Hagel 2023 Schäden von 30.8 Millionen Franken verursacht. Insgesamt wurden 5904 Schäden an versicherten Kulturen gemeldet.
Mit der Klimaerwärmung gibt es immer mehr Niederschlag und Gewitter. Ob es deswegen auch mehr Hagel gibt, ist laut SRF Meteo noch unklar. Dafür ist der Hagel in der Schweiz nicht genug erforscht.