- Der Nationalrat will unliebsamen Telefonanrufen von Versicherungsvermittlerinnen und -vermittlern endgültig einen Riegel schieben.
- Er hat einer Vorlage zugestimmt, mit welcher das Verbot der telefonischen Kaltakquise auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird.
- Der Rat stimmte mit 162 zu 12 Stimmen bei 22 Enthaltungen dem Gesamtpaket zu, mit dem den Versicherern – namentlich Krankenkassen – strengere Regeln für Vermittler auferlegt werden.
Künftig sollen nicht mehr nur die Telefonwerbung, der Verzicht der Versicherungen auf Leistungen der Call-Center und die Einschränkung der Provisionen im Gesetz geregelt werden. Neu sollen ebenso das Verbot der Kaltakquise (also Telefonwerbung bei Personen, die nie bei der betreffenden Kasse versichert waren oder es seit längerer Zeit nicht mehr sind), die Ausbildung der Vermittlerinnen und Vermittler und eine Pflicht festgelegt werden, das Telefongespräch zu protokollieren.
Regeln zu diesen Aspekten kann die Branche in einer Branchenvereinbarung selber festlegen. Der Bundesrat kann diese Branchenvereinbarung dann auf Antrag für allgemeingültig erklären, wenn die antragstellenden Versicherungen zusammen zwei Drittel der Versicherten vertreten.
Wut der Bürgerinnen und Bürger
Dass es Handlungsbedarf gibt, war im Rat fast unbestritten. Ungebetene Anrufe zur Unzeit, die eigentliche Verkaufsgespräche seien, sorgten für Ärger und seien kein Zukunftsmodell, sagte Lorenz Hess (Mitte/BE) im Namen seiner Fraktion – er ist Präsident der Krankenkasse Visana.
Dessen sei sich auch die Branche bewusst, weswegen sie bereits eine Branchenvereinbarung ausgearbeitet habe. Mit dem vorliegenden Geschäft würden die Kernpunkte dieser bestehenden Vereinbarung nun auf eine Gesetzesgrundlage gestellt.
Barbara Gysi (SP/SG) sprach der Branchenvereinbarung jedoch die Freiwilligkeit ab. Die Vorlage sei entstanden, weil die Wut der Bürgerinnen und Bürger so gross gewesen sei, sagte Gysi.
Nicht nur ärgerlich, sondern sträflich werde es, wenn bewusst falsch informiert werde, sagte Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH). Etwa wenn neu ankommenden Migrantinnen und Migranten weisgemacht werde, dass man in der Schweiz eine Privatversicherung abschliessen müsse. Entsprechend hoch seien die Provisionen, wenn eine Privatversicherung verkauft werde.
«Schwarze Schafe nicht im Griff»
Mehrere Votanten liessen durchblicken, dass sich nicht alle Krankenkassen an die freiwillige Branchenvereinbarung hielten. Entsprechend klang die Kritik der wirtschaftsfreundlichen und liberalen Parteien GLP und FDP. Sie gehe eigentlich davon aus, dass die Wirtschaft mit ihren Freiheiten umzugehen wisse, sagte etwa die Melanie Mettler (GLP/BE).
Aber gerade bei der «aggressiven Telefonwerbung» habe die Branche «die schwarzen Schafe nicht im Griff». Auch für die FDP ist es «bedauerlich, wenn nicht ärgerlich», dass «wir hier als Gesetzgeber tätig werden müssen», wie Regine Sauter (ZH) sagte. Nötig sei es aber.
Einzig die SVP sah keinen Handlungsbedarf für ein Gesetz, wie Thomas de Courten (BS) sagte. Erhalte er einen unliebsamen Telefonanruf, lege er einfach auf. Seine Partei unterstütze aber die Gesetzesvorlage, damit die Branche selbst aktiv werde und einen Vorschlag mache.